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Gehört die Besprechung solcher Filme auf eine Kulturseite?

Manchmal buddeln ja Archäologen uralte Walrosszahn-Plastiken aus, die zeigen, dass unsere Vorfahren so dusselig gar nicht waren und schon beobachten konnten: ein Eisbär besitzt vier Beine und nur eine Nase, um das dann künstlerisch umzusetzen.
Das läuft dann auch unter Kultur.

Ein Teilchen des Jungfernstiegs vor dem Streit’s Kino hatte man abgesperrt und den roten Teppich ausgerollt, Scheinwerfer strahlten und eine Passantin erkundigte sich bei ihrer Freundin: "Ist denn immer noch Filmfest?“ – Nein, Hollywoodstars wurden erwartet, um den neuen ‚Blockbuster’ vorzustellen: "All Inclusive", eine Komödie mit Vince Vaughn.
Oft wundert man sich ja, weil männliche Stars in Natur viel kleiner sind als auf der Leinwand. Bei Vince Vaughn hatte ich den umgekehrten Eindruck: gut, ich dachte mir schon, er ist nicht winzig – aber so groß - ? (1.96!)
Seine Kolleginnen Malin Akerman und Kristen Bell, eine blonder als die andere und beide trotz herbstlicher Kälte in Geschenkpapierstreifchen gewickelt, die Knie und Schultern frei ließen, konnten sich durch Stilettos einigermaßen auf der Höhe halten, während Regisseur Peter Billingsley und Darsteller Jason Bateman doch etwas dürftig wirkten – ich spreche natürlich nur von der Körpergröße. Das machte aber nichts, weil sie sowieso lediglich im Hintergrund standen und lächelten oder lachten über die Scherze, die Vince Vaughn auf die Stichworte des Moderators lieferte.

Nur geladene Gäste, die auf der Namensliste standen, durften die Preview genießen. Sie erhielten, eine nette Idee, außer der aufwendigen Eintrittskarte auch je einen Stoffblumenkette, denn die Komödie spielt auf Bora Bora, wo man bekanntlich Gästen so einen Blumenkranz (aus echten Blüten) um den Hals hängt.
Aber wenn Gäste auch noch so sehr auf der Liste anwesend und mit Blumen geschmückt sind, sagt das ja noch lange nicht aus, dass sie nur gute Absichten hegen.
Verständlicherweise befürchteten die Hersteller des Films, dass andere mit ihrem Werk heimlich Kasse machen wollten. Deshalb musste das Publikum im Untergeschoss jede Art von Gepäck, Handtaschen und vor allem Handys und andere Aufnahmegeräte abwerfen.
Es sah aus wie im Flughafen bei einem Notfall.
Leibesvisitation fand nicht direkt statt, doch durch diese türlosen Türrahmen hatte auch ein Jeder zu laufen, um zu beweisen, dass ihm nicht eventuell noch ein potentielles Aufnahmegerät an heimlichem Ort steckte, was durch Piepsen gemeldet worden wäre.

Ach so, der Film -?
Vier befreundete Paare, von denen eins eventuell seine Ehe retten möchte, während die anderen sich nur erholen und amüsieren wollen, reisen auf die schöne polynesische Insel in einen luxuriösen Ferienclub und müssen feststellen, dass sie eine unabdingbare Partnerschafts-Therapie mitgebucht haben und im Falle der Konsumverweigerung wieder abreisen müssen. Also schicken sie sich mehr oder weniger zähneknirschend in die Kur.
Jean Reno verkörpert den rotgewandeten, zöpfchengeschmückten Ober-Guru, vielleicht, weil die Gage sehr gut war oder weil er schon immer mal in der Südsee drehen wollte, vor allem im November (da fanden die Dreharbeiten letztes Jahr statt.)
Sex and the City-Fans wird sicher interessieren, dass Kristin Davis auch eine Rolle spielt.



Vince Vaughn ist nicht nur der Hauptdarsteller, er hatte sogar die Idee, ist also bis zu einem gewissen Grad verantwortlich zu machen.
Was er eigentlich zum Ausdruck bringen wollte, ist mir nicht ganz klar geworden.
Immerhin habe ich begriffen, dass er Joga und Tantra in einen Topf schmeißt und beides ziemlich doof findet, dass er das überflüssige Gequatsche in Partnerschafts- oder überhaupt Therapien doof findet und dass er meint, alle Frauen und Männer, die sich zusammentun, haben nun mal grundsätzlich und naturgegeben ihre Problemchen, die man nicht noch durch zusätzliches doofes Gerede aufbauschen sollte. Es reicht völlig, wenn Sie und Er ab und zu was Nettes miteinander machen und die Frauen Sachen wie Renovierung der Küche samt Kacheln-Aussuchen selbst erledigen, ohne ihre Männer damit zu belästigen.

Das Ganze ist etwas wirr konzipiert, angefangene Handlungsfäden reißen plötzlich ab, eher unsympathische Personen werden schlagartig und unmotiviert nett oder umgekehrt – aber es ist schrecklich lustig.
Und weil jeder Film und die schönsten Dreharbeiten mal ein Ende haben müssen, gibt es schließlich haufenweise urplötzliche Happyends und der niedliche kleine (mit Opa zu Hause gebliebene) Junge, der bereits am Anfang des Films in ein Ausstellungsklo im Sanitärhandel gestrullert hatte, sitzt nun auf der Brille desselben Klos, um sich größeren Geschäften zu widmen.
Der Unterhaltungswert entspricht ungefähr der Witzseite in einer durchschnittlichen Illustrierten, die man zum Schluss überfliegt, in der Hoffnung, erheitert zu werden.

Aber in Amerika ist ‚All Inclusive’ bereits ein ganz großer Renner und die Zuschauerin rechts neben mir kreischte den ganzen Film hindurch vor Lachen wie eine Möwe. Sie hatte sich schon über die dem Film vorausgehenden witzigen Bemerkungen auf der Bühne von Vince Vaughn schier wegschmeißen wollen.
Also bin ich wahrscheinlich einfach nur griesgrämig.


Regie: Peter Billingsley - Darsteller: Malin Akerman, Jason Batemen, Vince Vaughn, Kristen Bell, Jon Favreau, Jean Reno, Kristin Davis
Produktion: Scott Stuber, Vince Vaughn
Filmlänge: 114 Min.
Alle Fotos  © Universal Pictures
Website org. 

Ab dem 05. November 2009 in den Kinos. Im Verleih von Universal Pictures International

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