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Insgesamt über 80 Aufnahmen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln erzeugten ein wirklichkeitsgetreues 3D-Modell der über 500 Jahre alten Skulptur, das nun für Forschung, Dokumentation und Vermittlung eingesetzt werden kann. Die bislang sehr teure und vor allem zeitaufwendige 3D-Digitalisierung steht mit dem gelungenen vollautomatisierten Scan einer historischen Skulptur vor einem Wendepunkt, die Scan- und Beleuchtungstechnik von CultLab3D revolutioniert den gesamten Prozess der Digitalisierung von Artefakten.

Die vollautomatische Scanstraße CultLab3D wird es ermöglichen, Millionen von Artefakten in Museumssammlungen industriell, kostengünstig und schnell dreidimensional vor Ort zu scannen, dauerhaft zu archivieren sowie weltweit für Forschungszwecke und Vermittlung digital zur Verfügung zu stellen. CultLab3D erfasst dabei nicht nur die Geometrie und Textur der Artefakte, sondern auch ihre optischen Materialeigenschaften wie Reflektions- und Absorptionsverhalten. Dadurch wird eine fotorealistische 3D-Abbildung realisierbar. „Mit CultLab3D gibt es zum ersten Mal einen schnellen, ökonomischen Ansatz zur Digitalisierung von Kulturschätzen in 3D“, sagt Pedro Santos vom Fraunhofer IGD, der gemeinsam mit seinem Team Technologien zur schnelleren Digitalisierung und virtuellen Reproduktion von Objekten in höchster Qualität entwickelt. „Die Scanstraße ist eine ideale Anwendung von Hochtechnologie im Museum, die neben der langfristigen Dokumentation der Objekte auch einen uneingeschränkten globalen Zugang zu kunsthistorischen Inhalten und Forschungsergebnissen digital eröffnet“, sagt Max Hollein, Direktor der Liebieghaus Skulpturensammlung.

Die Artefakte durchlaufen bei CultLab3D auf einem Fließband spezielle Scanbögen und werden dabei vollautomatisch von allen Seiten erfasst. In einem zweiten Schritt schließen an Leichtbau-Roboterarmen montierte Scanner noch vorhandene Lücken des bis dahin rekonstruierten virtuellen 3D-Modells. Der gesamte Vorgang dauert nur wenige Minuten. Das fertige 3D-Modell kann im Anschluss mit weiteren Daten wie Informationen zum Entstehungszeitraum oder zum Künstler verknüpft werden.

Die Liebieghaus Skulpturensammlung ist Partner des Fraunhofer Forschungsprojekts und unterstützt die Entwicklung mit ihrem Fachwissen im Bereich der Polychromieforschung. „Die Mobilität der Scanstraße ermöglicht es Museen, ihre Sammlungen in Gänze und in kurzer Zeit zu digitalisieren. Damit eröffnen sich für Forscher weltweit völlig neue Wege der wissenschaftlichen Untersuchung, zugleich können die Objekte im Schadensfall minutiös rekonstruiert oder virtuell nachgebildet werden“, sagt Prof. Dr. Vinzenz Brinkmann, Leiter der Antikensammlung der Liebieghaus Skulpturensammlung. Noch bis Freitag, den 25. Juli 2014, werden im Mittelaltersaal der Liebieghaus Skulpturensammlung in Frankfurt weitere Skulpturen eingescannt, um den automatisierten Digitalisierungsprozess zu optimieren. Der Mittelaltersaal bleibt in diesem Zeitraum für die Besucher geöffnet.

Die Scanstraße CultLab3D wurde auf der Digital Heritage Konferenz 2013 in Marseille als technisch bestes Exponat ausgezeichnet. Das Fraunhofer IGD ist die weltweit führende Einrichtung für angewandte Forschung im Visual Computing, der bild- und modellbasierten Informatik. Diese Wissenschaftsdisziplin umfasst unter anderem Graphische Datenverarbeitung, Computer Vision sowie Virtuelle und Erweiterte Realität: Die Forscher gewinnen aus Informationen Bilder und aus Bildern Informationen. CultLab3D könnte bereits Anfang 2015 marktreif sein.

Das 1909 gegründete Liebieghaus zählt mit über 3.000 Werken zu den international wichtigsten Skulpturenmuseen. Die Sammlung vereinigt herausragende Skulpturen vom alten Ägypten bis zum Klassizismus: Mit Werken der ägyptischen, griechischen und römischen Antike, des Mittelalters und der Renaissance, des Manierismus, des Barock und Rokoko, des Klassizismus sowie Ostasiens bietet sie in ihrer Vielfalt einen fundierten Überblick über 5.000 Jahre Geschichte der Bildhauerei. In den vergangenen Jahren zog das Liebieghaus mit umfangreichen Ausstellungs- und Forschungsprojekten wie „Bunte Götter. Die Farbigkeit antiker Skulptur“ (2008/09) oder „Niclaus Gerhaert. Der Bildhauer des Mittelalters“ (2012) großes Publikumsinteresse auf sich und überzeugte die Fachwelt.

Quelle: Liebieghaus Skulpturensammlung / Städtische Galerie

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