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Benannt ist der Preis nach dem Gründungsdirektor der Hamburger Kunsthalle und wegweisenden Museumsvermittler Alfred Lichtwark (*14. November 1852). Die Preise werden einen Tag vor seinem Geburtstag, am 13. November2017, in der Hamburger Kunsthalle an die Künstlerinnen und Künstler vergeben. Den Lichtwark-Förderpreis erhält das Hamburger Künstlerkollektiv Jochen Schmith.
 
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Mit Martha Rosler zeichnen wir eine Künstlerin für ihr großartiges und vielschichtiges Lebenswerk aus. Ihre Arbeiten sind in höchstem Maße politisch und reagieren seismographisch auf tief im Sozialen verwurzelte Konflikte. In Hamburg hat sie wichtige künstlerische Akzente gesetzt und mit ihren Interventionen kritische Fragen auch zum Umgang mit dem jüdischen Erbe öffentlich gemacht. Mit Jochen Schmith erhält außerdem ein konzeptionell ausgerichtetes Künstlerkollektiv den Förderpreis, das künstlerisch eigenständig ist und das die gegenwärtigen Bedingungen der Kunstproduktion und des Kunstmarktes stets kritisch mitdenkt.“
 
Martha Rosler: „Ich empfinde es als große Ehre und bin stolz darauf, Empfängerin des diesjährigen Lichtwark-Preises zu sein. Über die Wertschätzung für meine Beiträge zur Kunst und die daraus entstehenden Interventionen in öffentliche Debatten, einschließlich des Alltags von Frauen und anderen Bewohnerinnen und Bewohnern, freue ich mich sehr. Der Freien und Hansestadt Hamburg mit ihrer besonderen Geschichte als widerständige, in die Zukunft gerichtete und internationale Stadt fühle ich mich sehr eng verbunden. Ich danke dem Senat und den Bürgerinnen und Bürgern Hamburgs von Herzen für diese Anerkennung.“
 
Die US-amerikanische Künstlerin Martha Rosler hat sich in den vergangenen 40 Jahren in Fotomontagen und -serien, Videokunst, Performances und Installationen stets mit aktuellen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Themen auseinandergesetzt und ein überaus vielschichtiges Werk geschaffen. Bekannt wurde sie durch ihre mittlerweile legendäre Collagenserie „House Beautiful: Bringing The War Home (1967 – 1972)“, in der sie Hochglanzansichten amerikanischer Wohnrauminterieurs aus der Zeitschrift „House Beautiful“ („Schöner Wohnen“) mit dokumentarischen Vietnam-Kriegsfotografien beispielsweise aus dem „Time“-Magazin kontrastierte. Zwischen 2004 und 2008 griff sie dieses Thema noch einmal auf, dieses Mal mit Dokumentarfotografien aus dem Irak-Krieg („House Beautiful: Bringing The War Home, New Series (2004 – 2008)“). Seit den 1960er-Jahren bezieht sie explizit feministische Positionen in Videos und Performances mit ein, wie zum Beispiel bei „Semiotics of the Kitchen“ (1975). Bekannt wurde sie auch als Autorin theoretischer Schriften, unter anderem zur Rolle des Politischen in der Fotografie. Ein weiterer Fokus ihrer Arbeit liegt in der kritischen Reflexion urbaner Verhältnisse und Strukturen. So hat sie 1993 und 2015 auch in Hamburg mit öffentlichen Interventionen Akzente gesetzt: 1993 organisierte sie im Rahmen des Projekts „Stadtfahrt“ eine kollektive Performance an Stätten jüdischer Kultur. Das Projekt (englischer Originaltitel: „An Empty Space in Ottensen: Contaminated by History, Capital, and Asbestos“) thematisierte das Verschwinden von jüdischer Kultur und Stadtgeschichte. 
 
2015 entwickelte Martha Rosler gemeinsam mit dem Urbanisten Miguel Robles-Durán eine Posterkampagne in der Hamburger Innenstadt, die die Versprechen aktueller Stadtentwicklung in Hamburg und anderen europäischen Städten in den Blick nahm.
Für die Skulptur Projekte Münster hat sie 2007 mit der Installation „Unsettling the Fragments“ von Naziinsignien gereinigte Denkmale des Stadtraums neu kontextualisiert, um auf die historischen Wunden und Brüche der Stadtgesellschaft aufmerksam zu machen. Bei dem Projekt, das sie selbst als utopisch bezeichnete, ging es Rosler darum, die Geschichte der Stadt selbst neu zu denken. 
Martha Rosler hat für ihr Werk zahlreiche Preise erhalten, darunter 2005 den SPECTRUM Internationalen Preis für Fotografie der Stiftung Niedersachsen sowie 2006 die höchste Auszeichnung für Bildende Künstler in Österreich, den Kokoschka-Preis. Sie zeigte ihre Werke mehrfach auf der Documenta und war weltweit in vielen Museen und Ausstellungshäusern in Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten. 
Martha Roslers Werk war und ist bis heute engagiert und bezieht Position, worin sie gerade jüngeren Generationen als Vorbild gilt. 
 
Den Lichtwark-Förderpreis erhalten Carola Wagenplast und Peter Steckroth für ihre neuen Arbeiten, die sie unter dem Namen Jochen Schmith veröffentlicht haben. Zuletzt waren ihre Arbeiten im Rahmen einer Gruppenausstellung im Hamburger Kunstverein zum autofiktionalen Roman „Karte und Gebiet“ von Michel Houllebecq zu sehen.
Ökonomische Fragestellungen und Fragen nach der politischen Dimension von Räumen werden in ihren Arbeiten immer wieder neu verhandelt. Wertzuschreibungen – auch den Kunstbetrieb betreffend – spielen als werkformende Aspekte eine große Rolle.
Die Vielschichtigkeit in ihren neuen Arbeiten stellt die bestehenden Sehgewohnheiten des Betrachters sublim in Frage. Die im Kunstverein Hamburg gezeigten „Picnic Blankets“ repräsentieren scheinbar modernistisch abstrakte Bildmotive, die sich erst bei näherer Betrachtung als Grundrisse privatisierter Parks lesen lassen. Als bildgebendes Material dienen geschredderte Euro-Banknoten.
Carola Wagenplast und Peter Steckroth haben an der Hochschule für bildende Künste Hamburg studiert. Darüber hinaus  war Jochen Schmith – zu diesem Zeitpunkt mit Peter Hoppe – in zahlreichen internationalen Ausstellungen vertreten, so zum Beispiel in Belgien (MuHKA Antwerpen), in den Niederlanden (Marres Maastricht), in Österreich (Kunsthaus Bregenz), Hongkong (PARA/SITE) und Uruguay (SUBTE Museum für Zeitgenössische Kunst Montevideo).
 
Der Lichtwark-Preis wird alle vier Jahre von Senat und Bürgerschaft der Stadt Hamburg verliehen. Er wurde 1951, zum 100. Geburtstag Lichtwarks, gestiftet und ging in jenem Jahr an Oskar Kokoschka. Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern zählen außerdem Joseph Beuys, Otto Dix, Max Ernst, Hanne Darboven und zuletzt Andreas Slominski (2013).
 
Quelle: Behörde für Kultur und Medien

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