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200 Dichterinnen und Dichter haben den Fragebogen erhalten, 114 haben geantwortet. Drei Viertel der Befragten leben mit einem Jahresbruttoeinkommen unter dem Bundesdurchschnitt von 32.486 Euro (nach statista.de, gearbeitet wird mit Angaben aus dem Jahr 2015). Für 77 Prozent liegen die Einnahmen aus schriftstellerischer Tätigkeit jährlich bei 10.000 Euro oder weniger. 45 Prozent derjenigen, die neben der schriftstellerischen Arbeit keiner weiteren Tätigkeit nachgehen, liegen mit ihrem Einkommen unter der Armutsgrenze, die bei 11.759 Euro im Jahr liegt.

Diese alarmierenden Zahlen sowie die lückenhafte Ausstattung von Poesieveranstaltern waren für das Plenum der Anlass, Aufgaben für sich selbst zu formulieren und Forderungen an die Politik zu diskutieren. Die Ergebnisse werden in einem Forderungskatalog zum 1. Juli 2017 veröffentlicht und Entscheidungsträgern in der Politik präsentiert. Zentrales Ziel ist es, die ökonomische Situation der Lyrikerinnen und Lyriker sowie die Produktions- und Präsentationsbedingungen von Lyrik zu verbessern.

Die Umfrage zeigt auch, dass der größte Teil der Einnahmen aus schriftstellerischer Tätigkeit aus Auftrittshonoraren für Lesungen und Redebeiträge besteht: Mit 38 Prozent sind sie drei Mal höher als die Einnahmen durch Buchpublikationen (12 Prozent). Deshalb fordert die Runde aus Poesieveranstaltern eine massive Aufstockung der Veranstalterbudgets. Nur so können sie den Dichterinnen und Dichtern ein angemessenes Honorar zahlen und adäquate Rahmenbedingungen ihrer Veranstaltungen (Räume, Technik und Öffentlichkeitsarbeit) schaffen. Das Plenum spricht sich für eine Erhöhung der Lesehonorare und ein Mindesthonorar, dessen Höhe noch diskutiert wird, aus. Weitere Punkte für eine Verbesserung der Lage sind der Ausbau von Preisen und Stipendien für Lyrik sowie die Besetzung von Jurys mit Lyrikkennern, die Finanzierung von Formaten der kulturellen Bildung, eine nachhaltige Verbesserung der Präsenz und Vermittlung von Lyrik an Schulen und Hochschulen, eine Stärkung der Lyrikkritik und die Öffnung bzw. Schaffung von Förderprogrammen für lyrikbezogene Publikations- und Vermittlungsplattformen im Internet.

Das Plenum macht auf die genuine Rolle und Bedeutung der Poesie aufmerksam: In der Lyrik findet die Sprache ihre verdichtete Kunstform. Mit dem Gedicht werden sprachliche Formen und Ästhetiken als autarke Erkenntnismodelle entwickelt und erprobt. Das poetische Denken ist eine spezifische eigene Auseinandersetzung mit der Welt und ihrer Wahrnehmung, unabhängig von Markt- und Verwertungslogiken. Es eröffnet abweichende, auch radikale Erfahrungsräume.

An der Tagung teilgenommen haben: Nico Bleutge (Lyriker/Kritiker, Berlin), Rike Bolte (Festival Latinale, Berlin), Regina Dyck (Poetry on the road, Bremen), Kerstin Hensel (Lyrikerin/stv. Direktorin der Sektion Literatur an der Akademie der Künste, Berlin), Tobias Herold (Lesereihe Lyrik im ausland, ausland/projekt archiv e. V., Berlin), Norbert Hummelt (Lyriker, Berlin/Literaturinstitut Leipzig), Gesa Husemann (Festival Poetree, Göttingen), Hendrik Jackson (Lyriker/Kritiker, Berlin), Wend Kässens (Deutscher Literaturfonds), Kalle Aldis Laar (Schamrock-Festival, München), Claudia Maaß (FU Berlin), Tristan Marquardt (Lesereihe „meine drei lyrischen ichs“, München), Dr. Burkhard Meyer-Sickendiek (Literaturwissenschaftler FU Berlin), Andrea O'Brien und Ruairí O'Brien (Lyriktage Dresden), Alexander Suckel (Dramaturg und designierter Leiter Poesiefestival Halle), Hans Thill (Lyriker/Leiter Künstlerhaus Edenkoben), Anja Utler (Lyrikerin, Regensburg/Universität für angewandte Kunst in Wien) und Dr. Thomas Wohlfahrt (Haus für Poesie, Berlin).

Die Umfrage und die Tagung wurden ermöglicht durch die finanzielle Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Quelle: Haus für Poesie

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