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„Wir haben sehr intensiv darüber nachgedacht, wie es gelingen kann, einen polyphonen Ansatz zu schaffen, der zum einen die Spuren des Kolonialismus ergründen lässt und zum anderen einen nachhaltigen Dialog anstößt“, beschreibt Alya Sebti den Entwicklungsprozess des neuen Programms. Als Schnittstelle zwischen Ausstellung und Diskurs richtet die Berliner ifa-Galerie einen „Meeting Point“ ein, der sich mit den Kapiteln weiterentwickelt. Dort hat das vom ifa herausgegebene Online-Magazin „Contemporary And (C&)“ einen Leseraum mit dem Titel „Center of unfinished business“ eingerichtet. „Contemporary And“ ist ein Magazin zur Kunst aus afrikanischen Perspektiven, das gleichzeitig als virtueller Ausstellungsraum fungiert. Ergänzend gestaltet das Web-Radio und die Online-Plattform „Saout Radio“ eine Hörstation mit Beiträgen aus dem Maghreb, Afrika und dem Nahen Osten. Alya Sebti setzt zudem auf den Austausch verschiedener künstlerischer Formate und integriert Performance-, Film-, Musik- sowie regelmäßige Dialogveranstaltungen in das Programm. Eine digitale Plattform mit Podcasts, Webradio und Videos dient zudem als Wissensspeicher und verstärkendes Dialogangebot.
 

Kontext: Konzeptionelle Neuerungen im ifa-Kunstbereich

Der Generalsekretär des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen), Ronald Grätz, und die Leiterin der Abteilung Kunst, Elke aus dem Moore, stellen anlässlich der Eröffnung von „UNTIE TO TO“ neue konzeptionelle Ideen und Formate im ifa-Kunstbereich vor. So baut das ifa künftig vor allem das gemeinschaftliche Erarbeiten von Ausstellungen und Veranstaltungsformaten im internationalen Kontext aus. Ko-Kreation und Ko-Produktion lauten die zentralen Begriffe dieser Entwicklung. „Mit dem Ausbau kollaborativer Angebote und Formate wollen wir die Pluralität der Perspektiven erhöhen und so die künstlerischen und gesellschaftlichen Diskurse, die wir initiieren, anreichern,“ erläutert Elke aus dem Moore die Neuerungen. Dafür kommen verstärkt auch ausstellungsbegleitende digitale Plattformen zum Einsatz. „Der Fokus liegt darauf, möglichst vielen Menschen Zugänge zum interkulturellen Dialog zu eröffnen. Zudem eröffnet uns die Digitalisierung ganz neue Dimensionen für den Wissenstransfer in der Kunst und Kulturvermittlung. Das nutzen und erforschen wir weiter, denn darin liegt enormes Potenzial,“so Elke aus dem Moore weiter. Die Neuerung im Kunstbereich des ifa sind nach intensiven Reviewprozessen u.a. des Auswärtigen Amts in enger Zusammenarbeit mit den Partnerinnen und Partnern vor Ort entstanden. Elke aus dem Moore betont: „Dies ist kein abgeschlossener Prozess. Vielmehr ist dies als ein Labor der „Kulturen des Wir“ zu verstehen, das ganz eigene Dynamiken und Ergebnisse mit sich bringen wird. Als ein zukunftsorientiertes Institut, das der Internationalität und dem Dialog verpflichtet ist, ist das eine folgerichtige Entwicklung, die wir in den nächsten Jahren fortsetzen werden.“
 

Selbstverständnis: Zukunftsorientierung

Ronald Grätz unterstützt die Neuausrichtung nachhaltig und stellt sie in den Kontext des 100-jährigen Bestehens des ifa: „Als zukunftsorientiertes Institut beschäftigen wir uns intensiv mit globalen Herausforderungen wie Klimawandel, kriegerischen Auseinandersetzungen oder der Wahrung von Menschenrechten. Wir fragen uns, wie die zunehmenden Nationalismen und Rassismen entkräftet werden können und welchen Beitrag wir als Kulturvermittler dabei leisten können. Das tun wir 2017 sogar öffentlich, indem wir uns im Jubiläumsjahr in vielen Veranstaltungen und Formaten mit den ‚Kulturen des Wir’ befassen,“ so Grätz weiter. „Darum freue ich mich besonders, dass sich unser Leitthema der ‚Kulturen des Wir’ in den Neuerungen des Kunstbereichs widerspiegelt.“
 

Ko-Kreation und Digitalisierung

Gemäß diesen neuen Konturen verändern sich die im Ausland tourenden Ausstellungen: Das ifa arbeitet verstärkt mit flexiblen Ausstellungsmodulen, die die Einbindung von lokalen Künstlerinnen und Künstlern, Akteurinnen und Akteuren oder Themen ermöglichen. Ausstellungen, wie die für September 2017 geplante Design-Ausstellung „Pure Gold. Upcycled! Upgraded!“, vereinen in ihrer Grundkonzeption vielfältige internationale kuratorische und künstlerische Perspektiven. Zudem geht „Pure Gold“ mit einer digitalen Plattform zum Thema Upcycling an den Start.
 

Künstlerische Diskurse zugänglicher machen

Das ifa ist seit 1972 im Auftrag des Auswärtigen Amtes zuständig für den Deutschen Beitrag zur Biennale in Venedig. Um diese Positionen auch international vielen Interessierten zugänglich zu machen, schickt das ifa den Beitrag von 2015 auf Tour. Die Ausstellung „Fabrik“, kuratiert von Florian Ebner, wird vom 1. April bis 7. Mai 2017 in Beirut zu sehen sein. Danach folgen Stationen in Mumbai und Tbilisi.
 

Ressource: Multiperspektivität

Die formalen Bildungssysteme des westlichen Kanons stoßen im Hinblick auf eine zunehmende Multiperspektivität an ihre Grenzen. Kulturelle und insbesondere transkulturelle Bildungsprogramme hingegen gewinnen verstärkt an Bedeutung. Das ifa veranstaltet darum in Zusammenarbeit mit der documenta 14 am 18./19. Juli 2017 die Konferenz „Under the Mango Tree – Ulterior Sites of Learning“. Eine Vielzahl von Künstlerinitiativen und internationaler Schulen beteiligen sich mit ihren Erfahrungen und Erkenntnissen über produktive Lernorte und -formate.
 

100 Jahre ifa

Das ifa feiert 2017 sein 100-jähriges Bestehen. Deutschlands älteste Mittlerorganisation für auswärtige Kulturbeziehungen wurde im Ersten Weltkrieg, am 10. Januar 1917, als „Werk des Friedens inmitten des Kriegs“ gegründet. Heute versteht sich das ifa als ein Kompetenzzentrum für internationale Kulturbeziehungen und künstlerische Diskurse. Das ifa bietet umfangreiche Aktivitäten zu Kulturaustausch und ziviler Konfliktbearbeitung an. Im Zuge dieser internationalen Ausrichtung ist es gelungen, ein weitreichendes Netzwerk von Partnerinnen und Partnern im In- und Ausland zu etablieren. Das Leitthema des Jubiläumsjahrs 2017 lautet „Kulturen des Wir“.

Quelle: ifa