NewsPort - Kunst & Kultur aktuell

News-Port

Wie kann die museale Arbeit mit einem Kulturgut aussehen, das so unmittelbar mit dem jüdischen Leben und der Verfolgung verbunden ist, und das die Museen zugleich in die Pflicht nimmt, es jederzeit zurückzugeben, wenn Ansprüche geltend gemacht werden? Über diese Fragen möchte sich das MKG im Rahmen eines Symposiums mit Wissenschaftlern aus Museen und historischen Forschungseinrichtungen sowie mit Vertretern jüdischer Institutionen austauschen. Das Publikum wird in Form von Workshops eingebunden. Das zweitägige Symposium greift zwei zentrale Aspekte auf: Die aktuellen Forschungen zum Silber aus ehemals jüdischem Besitz in Hamburg, Berlin, München und Wien und den Blick über die rein kunsthistorische-museale Ebene hinaus. In einer abschließenden Podiumsdiskussion sollen Ideen entwickelt werden, wie mit einem Museumsgut umgegangen werden kann und soll, das untrennbar mit dem Holocaust in Deutschland verknüpft ist.
 
1939 wurden in Hamburg rund 20 Tonnen Silber aus jüdischem Besitz beschlagnahmt, die zum Einschmelzen bestimmt waren. Einen Teil dieser Silberbestände kauft Hamburg 1940 dem Deutschen Reich ab, um sogenanntes „Silber mit Antiquitätenstatus“ für die Hamburger Museen zu bewahren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich noch rund zwei Tonnen Silber in der Obhut der Hamburger Finanzbehörde. Bis 1958 konnte ca. eine Tonne Silber restituiert werden. Über das verbliebene Silber, das weder den einstigen Besitzern noch ihren Erben zurückgegeben werden konnte, einigte sich Hamburg mit der „Jewish Trust Corporation“, der Treuhänderstelle für jüdisches Vermögen, auf die Zahlung eines Ausgleichsbetrags. Ab 1960 wurden diese Silberbestände auf Hamburger Museen verteilt. Die Beschlagnahme und Verwertung des jüdischen Silbers fand in ganz Deutschland, aber auch in Österreich statt, das seit 1938 ans „Deutsche Reich angeschlossenen“ war. In vielen Museen befindet sich daher auch Silber aus ehemals jüdischem Besitz. Nach der Unterzeichnung des Washingtoner Abkommens 1998 sind diese Bestände in den Blick der Provenienzforschung gerückt.
 
Bei den Recherchen im Vorwege zur Hamburger Ausstellung Raubkunst? Provenienzforschung zu den Sammlungen des MKG zeichnete sich ab, dass die Silberbestände im MKG sich von den Konvoluten anderer Häuser unterscheiden. Kein anderes Museum versammelt Silber in solchem Umfang, darunter in großer Zahl Tafelbesteck, aber auch Bestecke und Silbergerät des täglichen Lebens. Mit der seit September 2014 laufenden Ausstellung und mit dem geplanten Symposium hofft das MKG, eine respektvolle Lösung für die Silberbestände zu finden. 
 
Ein erster Schritt war die Ausstellung, die das Silber mit seiner besonderen Geschichte öffentlich macht. Durch die museal untypische Art der Präsentation wurden die Besucher für die Besonderheit dieses Sammlungsguts sensibilisiert. In großen Mengen und ungeputzt ist das Silber im Schauraum der Ausstellung und in einer Depot-Vitrine im Foyer zusehen. Es vermittelt einen nachhaltigen Eindruck davon, welche Wunde die mit Diskriminierung und Verfolgung einhergehende Beschlagnahme in das Leben jüdischer Familien geschlagen hat. In der neu eingerichteten Sammlung Judentum verweist eine Vitrine – über die Sonderausstellung hinaus – dauerhaft auf die Geschichte des Silbers aus ehemals jüdischem Besitz im MKG.
 
Die Teilnahme am Symposium ist kostenfrei. Aufgrund der begrenzten Platzzahl wird um verbindliche Anmeldung gebeten:
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Telefon: o4o 428 134 1oo, Fax: o4o 428 134 1o9

Quelle: Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

Kommentar verfassen
(Ich bin damit einverstanden, dass mein Beitrag veröffentlicht wird. Mein Name und Text werden mit Datum/Uhrzeit für jeden lesbar. Mehr Infos: Datenschutz)

Kommentare powered by CComment


Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.