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CDs KlassikKompass

1998 in Montreal von den beiden aus Teheran stammenden Brüdern Kiya (Sitar) und Ziya (Perkussion) Tabassian gegründet, ergänzt seit 2008 der Gambist Pierre-Yves Martel das Ensemble „Constantinople“. Für diese CD-Einspielung holte sich das Trio die kanadisch-akadische Sopranistin Suzie Leblanc sowie zwei spanische Barockmusiker Enrique Solinis, (Barockgitarre) und Miren Zeberio, (Barockvioline) hinzu.

constantinople-metamorfosi-baroque-impressionsAuch an dieser Zusammensetzung ist die musikalische und stilistische Bandbreite ablesbar. Für mich geht das Fusionskonzept allerdings nur bedingt auf. Zwar ist die Kombination aus italienischer Renaissance- und Barockmusik und orientalischen Instrumenten und Interpretationen durchaus reizvoll, aber parallel zum positiv überraschenden Klang und die Erinnerungsmomente an das maurische Spanien vor 1490, an den orientalischen Einfluss des Mittelmeerraums per se, verfällt ein anderer Teil der eigenen Interpretationen in eine Art austauschbare Beliebigkeit. Wenn man bei Claudio Monteverdi plötzlich eine Sequenz orientalischen Bauchtanz präsentiert bekommt wird das weder dem Komponisten, noch dem Hörer gerecht. Es wirkt lediglich artifiziell bis belustigend. Und es bedient zumeist eine zeitgenössische und modische Erscheinung von vermeintlicher Interkulturalität. Die Zeit, in der alles an Kombination möglich ist, ist eben auch immer der Beliebigkeit ausgesetzt. Der Grat auf dem sich das Ensemble musikalisch bewegt ist relativ schmal und ab und zu ruscht es ab.

Die vom Ensemble außerdem gewählte Bezeichnung „New World Baroque“ ist in diesem Zusammenhang ein Anachronismus und auch die Verortung überzeugt nicht. Sie lässt sich mindestens zweifach auslegen: „Barock der Neuen Welt“ – aber die Bezüge sind rein italienisch-orientalisch und haben außer der Tatsache, dass die Musiker in der „Neuen Welt“ leben und arbeiten wenig bis nichts mit dem nordamerikanischen Kontinent zu tun – oder der Begriff bedeutet „Neue Welt Barock“ und bezieht sich auf das besagte zeitgenössische Musikfusionsphänomen, das sich jedoch hier überwiegend mit italienischen Frühbarockkompositionen der Jahre 1550 bis 1680 beschäftigt und das „neue“ im Namen nicht wirklich verdient. Dennoch ist allein der Versuch verdienstvoll und mutig, Antworten auf selbstgestellte Fragen zu generieren und die Grundsatzdebatte – was kulturell zu verbinden wäre oder was für sich stehen sollte – wird beflügelt.

Positiv erwähnenswert ist ein Auszug aus der „Sinfonia quinta“ des Frühbarock-Komponisten und Geigers Salamone Rossi (um 1570-1630). Grazil und ruhig, als ob das erweiterte Ensemble von „Constantinople“ einer Abfolge von festgelegten Tanzschritten nachspürt, gleitet die Musik dahin. Hier bleiben die Musiker eng an der Vorgabe und es tut gut, nicht noch eigene Interpretationen zu hören, die die eigentliche Komposition wie aufsteigende Blasen verlassen.
Auch Stefano Landis (1587-1639) konservative Komposition „Marillide deh vieni“ ist überzeugend vorgetragen, die geschmeidige Stimme von Suzie Leblanc fügt sich hier angenehm in Stück und Zeit ein.

Metamorfosi – Impressions Baroques
Constantinople, Suzie Leblanc (Sopran)
Komponisten: Claudio Monteverdi, Marco Uccellini, Salamone Rossi, Barbara Strozzi, Andrea Falconieri, Tarquinio Merula, Giovanni Girolamo Kapsberger; Stefano Landi
Analekta
774204914226

Hörprobe


Abbildungsnachweis:
Header: Ensemble Constantinople. Foto: Jocelyn Michel
CD-Cover

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