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Theater - Tanz


Geht es in Minnes Jugendroman um einen straffällig gewordenen Jugendlichen, der im Knast seine Bewältigungsgeschichte niederschreibt, konzentrieren sich Six und Hüsgen in dem Drei-Personen-Stück auf die ineinander verwobenen Wechselbeziehungen, die Erinnerungen, Einbildungen und gegenwärtige Wirklichkeit zwischen Mutter Rose, Sohn Till und dessen werdender Freundin Iris.

„Wenn Rosenblätter fallen erzählt die Geschichte des 19 jährigen Till, dessen alleinerziehende Mutter Rose kürzlich an Krebs verstorben ist. Von nun an auf sich allein gestellt bleiben ihm allein die Erinnerungen und die Briefe, die ihm Rose vor ihrem Tod geschrieben hat, damit sie ihn durch sein Leben begleiten. Der Schmerz und die Trauer über den noch nicht verarbeiteten Verlust werden stärker, als Till im Studium die gleichaltrige Iris kennenlernt. Beide kommen sich rasch näher, doch auf verstörende Weise erinnert sie Till mit ihrer quirligen und offenen Art an seine Mutter. Hin und hergerissen zwischen Liebe und Trauer wirft er sie schließlich hinaus und sucht Halt in den Briefen, die seine Mutter ihm hinterlassen hat. Noch einmal durchlebt Till ihre letzten gemeinsamen Monate, Roses Kampf gegen den Krebs, Momente der tiefsten Verzweiflung, aber auch der Hoffnung und Liebe. Er erkennt, dass er sich seinen Gefühlen und der eigenen Rolle in dieser Geschichte stellen muss, um die Vergangenheit zu bewältigen.“

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Six und Hüsgen arbeiten beide nicht nur als Autoren und Komponisten, sondern sind selbst versierte Musical-Darsteller mit eigener Bühnenerfahrung. Ihnen gelang, trotz des komplexen und schweren Themas, ein klar strukturiertes nachvollziehbares und an vielen Stellen auch humorvolles Stück. Wie in einem Film sind die zeitlichen Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart choreographisch durchdacht und punktgenau gelungen. „Wir haben während der knapp vier Jahre des Schreibens darauf geachtet“, sagt Rory Six, „dass es für das Publikum offen bleibt, ob die verstorbene Mutter Rose real am Ort zu sein scheint, nur in der Einbildung des Sohnes existiert oder quasi als Geist gespiegelt wird.
Es ist kein Stück in dem das Publikum permanent weint, sondern erst einmal lacht. Dass aber die schweren Momente auch als solche nacherlebbar sind, ist ebenso wichtig: Es gibt Fallhöhen.“ Das setzt eine große Sensibilität voraus, denn der Grat auf dem sich Autoren, Komponisten, Darsteller und der Regisseur Dirk Schattner bewegen ist schmal. Um glaubwürdig zu bleiben, darf es weder kitschig und aufgesetzt wirken, noch das Psychogramm einer Therapiesitzung sein. Zumindest darf es von allem nur ein solches Quäntchen haben, dass der Zuschauer im richtigen Moment weiß: auch diese Aspekte gehören dazu.
Diese Gratwanderung ist auch Dirk Schattner bewusst und er arbeitet sehr behutsam mit seinen drei Darstellern. Für ihn liegt die eigentliche Spannung des Stücks im Wechselspiel der Figuren und der Gleichzeitigkeit der Situationen.

Der Schotte Dirk Johnston spielt und singt die Rolle des Tills. Seine natürliche Ausstrahlung und seine Fähigkeit, den früh vom Schicksal eingeholten Jugendlichen authentisch zu vermitteln, macht ihn und die komplexe Rolle glaubwürdig. Er ist derjenige, der zwischen verstorbener Mutter und verliebter Freundin kurzfristig hin- und herspringen muss. Die Zerrissenheit, auch seine Angst vor dem Leben, der Schmerz über den Verlust der Mutter, das Wissenwollen wer sein Vater war und die junge Liebe zu seiner Kommilitonin Iris, dies beschreibt die Bandbreite der Gefühle, in der sich Johnston ab der Premiere in Hamburgs Stage Kehrwieder Theater sicher bewegen muss.

Die gebürtige Wienerin Carin Filipčić spielt die Mutter Rose. Ihre Rolle hat es ebenso in sich, denn obwohl Rose über eine große Lebenserfahrung verfügte, allein erziehende Mutter war und durch die Tücken und Wechselstimmungen der Krebskrankheit musste – achtete sie stets darauf, was sie ihrem Sohn und sich selbst zumuten konnte. Ausgelassen Party feiern und im nächsten Moment über die „Chemo“ und den Haarverlust sinnieren sind nicht nur Fallhöhen, sondern auch Stolperfallen, wenn man sein Handwerk nicht vollkommen beherrscht. Bei den Proben zumindest war das ungeheure Potenzial von Carin Filipčić deutlich sichtbar.

Die vor lebenslustigem Temperament sprühende Iris, gesungen und gespielt von Jana Stelley kontrastiert Mutter und Sohn. Stelleys wundervolle Musicalstimme hat so gar nichts von fallenden, vielmehr von aufblühenden Rosenblättern. Sie fängt Till auf mit allem was in ihm arbeitet und kämpft. Ihrem Charme wird nicht nur Till erliegen, sondern sicherlich auch das Publikum. Erst ihre Rolle wird „Wenn Rosenblätter fallen“, in einer derartig kleinen Besetzung, für das deutsche Publikum zu einem wirklichen Musical machen.

Und am Schluss, wenn die Rosenblätter längst gefallen sind, so viel sei verraten, wenn nicht schon längst vermutet, bekommen sich Till und Iris, weil die Mutter ihren Sohn loslässt und dieser das wiederum zulässt. Schmerz und Liebe liegen nicht nur im Finale sehr dicht beieinander, sondern bedingen sich regelrecht, ernähren sich von einander. So markiert das Ende des Stücks einen neuen Anfang...



„Wenn Rosenblätter fallen“
Mit:
Dirk Johnston – Till
Carin Filipčić – Rose
Jana Stelley – Iris
Zu sehen und hören vom 5.10. bis 10.10.2011
im Stage Kehrwieder Theater
Kehrwieder 6, 20457 Hamburg

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Fotonachweis: Copyright musix productions gbr
Galerie:
1. Plakatmotiv
2. Dirk Johnston
3. Jana Stelley
4. Carin Filipčić
5.-9. Proben in der "Kaue", Gelsenkirchen am 19.09.2011.
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