Musik

Nach diesem kleinen impulsiven Gig atmete das Publikum kurz durch. Doch welche Überraschung, als nach der Pause plötzlich dieselben Musiker mit Dave Stewart die Bühne betraten und den Song “So Long Ago” anstimmten, die erdige Rocknummer vom 2011er Album „The Blackbird Diaries”.
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In „Drugs Taught Me a Lesson” gab Stewart dann Lebenserfahrung preis und leitete damit zu seinem kürzlich erschienenen Album „Lucky Numbers” über. Begleiteten in Hamburg attraktive Backgroundsängerinnen seine Songs, so sind es auf dem aktuellen Album namenhafte Musiker wie die australische Singer-Songwriterin Vanessa Amorosi.

Viele Stücke, wie das im Country-Stil verfasste „How to Ruin a Romance“, beweisen die Vielseitigkeit Stewarts. Dennoch ist sein Schaffen erstaunlich wenig bekannt.
Sicher, die Eurythmics kennt man, auch seine Zusammenarbeit mit der niederländischen Saxophonistin Candy Dulfer oder das Bandprojekt Dave Stewart & The Spiritual Cowboys sind geläufig. Doch nur wenige wissen, dass Stewart als Autor, Produzent und Musiker für Größen wie Tom Petty, Bob Geldof, Bryan Ferry, Ringo Starr, Joss Stone, No Doubt oder Bon Jovi gearbeitet hat. Zudem ist er als Musical-Autor tätig, schreibt Soundtracks, Drehbücher und Serienskripte.

Aber zurück zum Konzert: Die Hamburger Set-List beinhaltete auch einen seiner größten Solo-Erfolge: Das 90er-Jahre-Stück „Heart of Stone”. Im darauffolgenden Lied sprang Stewart zurück in die 1980er Jahre. Der marschierende Eurythmics-Hit “I Need a Man” schrie geradezu nach einer Lennox-gleichen Stimme – und damit konnte eine der Backgroundsängerin auftrumpfen. Überhaupt begeisterten die Begleitstimmen mit beeindruckenden Soloqualitäten in diesem Konzert, egal ob bei Frühwerken aus dem vergangenen Jahrtausend oder der ersten Auskopplung „Every Single Night” aus Stewarts neuem Album.
Saint Lu gesellte sich im Laufe des Abends ebenfalls unter die Sängerinnen, zunächst mit klarer Begleitstimme, später, im Duett mit Stewart, verlieh sie dem Klassiker „Here Comes the Rain Again” ein ganz neues, impulsives Gewand und dem Publikum eine Gänsehaut.

Die wohl beeindruckendste Stimme des Abends jedoch gehörte einem 13-jährigen Mädchen: Kaya, Dave Stewarts Tochter, bewies beim Stück „Missionary Man” gegen jede noch so geläuterte Soulsängerin antreten zu können. Während der Show hatte sie sich professionell in die Sänger-Riege eingefügt, um gegen Ende des Abends bei diesem Eurythmics-Stück stimmlich bis an ihre Grenzen zu gehen.

Dave Stewart gab in Hamburg einen bemerkenswerten Einblick in seine musikalische Spannbreite. Obwohl er auch heute noch Stücke aus der Zeit mit Annie Lennox spielt, wurde deutlich, dass es zu kurz gegriffen ist, ihn auf sein auf sein akustisches Schaffen bei den Eurythmics zu reduzieren, Gemeinsam mit seinen Mitstreitern bot der 61-jährige Brite einen Abend von unglaublicher Virtuosität und einer Spielfreude, die textsichere Fans der ersten Stunde ebenso mitrissen, wie junge Club-Gänger. Dennoch stellte er sich nicht in den Vordergrund, sondern reihte sich ein in das kreative Zusammenspiel großartiger Musiker und Stimmen, die sich enthusiastisch ihrer Kunst hingeben, um sich selbst und dem Zuhörer ein großartiges Konzert zu bieten.

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