Musik

Klaus Florian Vogt war in Hamburg als Erik, Lohengrin, Parsifal und als Stolzing zu Gast. Zum Geburtstag des Komponisten spielte er kürzlich die CD ‚Wagner’ ein. Beim Hamburger Wagner-Wahn singt er den Walther von Stolzing.

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„Bei der Beschäftigung mit den Werken Richard Wagners habe ich in künstlerischer Hinsicht einige meiner intensivsten emotionalsten Momente erlebt. Bereits als Orchestermusiker habe ich seine Opern sehr geliebt. Und ich glaube sogar, dass meine Begeisterung für Wagner auf jeden Fall mit ausschlaggebend war, warum ich überhaupt Sänger geworden bin. Mein erster richtiger Kontakt mit dem Werk Wagners war tatsächlich im Bayreuther Festspielhaus. Während meines Musikstudiums hatte ich die Möglichkeit, dorthin zu gehen und Proben zu besuchen. Später als Hornist im Orchestergraben der Philharmoniker Hamburg fand ich die Herausforderungen, die der Komponist auch in technischer Hinsicht an das Orchester und an den Sänger stellt, immens reizvoll. Diese Art von Mischklang hat mich sehr fasziniert. Ich glaube, man spürt bei einer solchen Erfahrung tatsächlich diesen Begriff ‚Gesamtkunstwerk’: dass Text und Musik, die Instrumentation und die Stimmen, dass dies alles miteinander verflochten ist. Aus einer solchen Konzentration erwächst eine unheimliche Kraft, die einen, wenn man davon erfasst wird, im Innersten packen kann. Am meisten beeindruckt mich, wie erwähnt, die große Emotionalität bei Wagner und wie es ihm gelingt, die Gefühle der verschiedenen Figuren zu vergegenwärtigen. Das zu ergründen, ist immer eine große Herausforderung und auch eine überwältigende künstlerische Erfüllung.

Als ich mich für die Sängerlaufbahn entschieden habe, waren Wagners Bühnenhelden ein ferner Traum von mir, oder besser gesagt: ich wagte gar nicht davon zu träumen. Umso schöner, dass dieser Traum jetzt Wirklichkeit geworden ist, und dass Wagners Werke den Schwerpunkt meiner künstlerischen Laufbahn einnehmen.

Bei den Auftritten passieren immer mal wieder Dinge, über die man später lacht, beispielsweise, wenn man wieder einmal feststellen musste, wie schnell das Feierlich-Erhabene ins Komische kippen kann. Besonders bei meinen Gastspielen als Lohengrin gab es zuweilen Pannen, vielleicht, weil das Schwanenwunder oft nur mit Hilfe komplizierter Technik vonstatten gehen kann: Ausgerechnet bei meinem Debüt an der New Yorker Metropolitan Opera wäre der erste Auftritt beinahe gescheitert: Auf der Seitenbühne stand ein Fahrzeug auf Schienen, das den Schwan versinnbildlichte.

Auf diesem Gefährt sollte Lohengrin auf die Bühne gelangen. Wir hatten vorher keine Probe dafür gehabt, und so ist man natürlich super angespannt! Ich stellte mich also auf dieses Ding, aber es fuhr nicht los. Ich wartete geduldig, ob es noch in Gang gebracht wird, denn es stand ja ein Techniker mit einer Fernsteuerung neben mir. Irgendwann hörte ich von der Seite: Go! Go! Und es blieb mir nichts anderes übrig als abzusteigen und auf die Bühne zu rennen. Auch bei meinem ersten Lohengrin-Gastspiel in Madrid funktionierte die Technik nicht reibungslos. Lohengrin wurde von der Unterbühne aus auf die Szene gefahren. In meinem Ritterkostüm, das aus lauter Metallteilen bestand, sollte ich mit Hilfe eines Fahrstuhls auf einen Steg gelangen. Aber dann blieb dieses Ding einen Meter unter dem Steg stehen. Zum Glück war ich geistesgegenwärtig genug und kletterte in voller Rüstung und mit dem Schwert unterm Arm nach oben. Dank meiner sportlichen Kondition ist dieser Auftritt dann zu Stande gekommen, aber in Rüstung lässt es sich schlecht klettern.

Bei der Lohengrin-Premiere in Tokio funktionierte die Technik einwandfrei, aber etwas anderes beeinträchtigte den Ablauf der Vorstellung: Ausgerechnet beim Frageverbot ging ein Erdbeben los. Die erste Frage wird gestellt, dann kommt die Wiederholung: „Elsa, hast du mich vernommen?“ In diesem Moment fing alles an zu wackeln. Zuerst klang es so, als würde ein Güterzug über die Bühne fahren, dann jedoch wurde das Wackeln immer stärker, und im Hintergrund fingen die Scheinwerfer ordentlich an zu scheppern. Im Gesicht meiner Partnerin sah ich die blanke Panik. Das hielt so zehn oder fünfzehn Sekunden an, und eh man sich versah, hatte es sich wieder beruhigt, und die Vorstellung ging ohne weitere Zwischenfälle zu Ende.“

Bo Skovhus lieferte prägnante und stürmisch akklamierte Rollenporträts wie Wozzeck oder Lear. Nun singt er in Hamburg zwei Mal Wagner: als Beckmesser und als Kurwenal.

„Richard Wagners Opern waren für mich schon immer mit etwas Mystischem verbunden, man kann fast sagen mit etwas ‚Heiligem’. Auch während meines Studiums in Dänemark wurde diese Musik als etwas Besonderes behandelt, anders als zum Beispiel Mozart oder sogar Strauss. Natürlich sind Wagner-Partien von solch einer Schwierigkeit und Komplexität, dass man als Student überhaupt nicht daran zu denken wagt, etwas damit anzufangen. Auch deshalb sind für mich die Werke Wagners zu etwas Herausragendem gewachsen, etwas, das man bewusst mit Respekt angehen muss. Es gibt in der Musik eine gewisse Würde, die man meiner Meinung nach nirgendwo anders findet. Man ist nie im Zweifel, dass eine Musik von Wagner stammt, wenn man sie hört, obwohl man sie vielleicht vorher nicht gekannt hat. Auch das Publikum geht mit Wagner anders um, das ist meine Erfahrung: Erstens wegen der Länge der Opern, die wirklich nicht nur für die Interpreten, sondern auch für die Zuschauer eine Herausforderung bedeutet, aber auch wegen des ‚Unaussprechbaren’, was die Musik mit einem macht. Ich habe große Ehrfurcht vor dieser Genialität! Oft frage ich mich, wie ist es möglich, dass zwei so unterschiedliche Werke wie Tristan und Isolde und Die Meistersinger von Nürnberg von ein- und demselben Komponisten erschaffen worden sind? Trotz aller Verschiedenheit erkennt man jedoch sofort die unverwechselbare Tonsprache. Tristan ist für mich das absolute Meisterwerk, modern, neue musikalische Wege aufzeigend und gleichzeitig von einer Vollkommenheit, dass ich nie müde werde, es anzuhören.

Auch die Meistersinger sind großartig, so voller Humor und musikalischem Witz. Ich liebe Wagners Kritikerparodie Sixtus Beckmesser und freue mich jedes Mal, wenn ich in dieser Rolle auf der Bühne stehe. Für mich ist es wie ein Geschenk, in einer Wagneroper mitzuwirken, obwohl der Auftritt stets mit langer Warterei verbunden ist: Kurwenal singt beispielsweise im 2. Akt nur „Rette dich, Tristan!“ und muss dann die gesamte Ansprache von König Marke anhören, so lange, bis Tristan verwundet in seine Arme fällt, damit danach endlich der 3. Akt beginnen kann. Ein weiteres Beispiel: Amfortas singt im 2. Akt überhaupt nichts. Erst spät im 3. Akt hat er dann wieder zu tun. Eigentlich wäre dazwischen genügend Zeit für einen Kinobesuch. Beckmesser ist während der gesamten Oper mehr oder weniger da - bei – eine halbe Stunde Wartezeit bei einer Wagneroper zählt nicht.

Kaum jemand kann ohne emotionale Beteiligung mit Wagner umgehen, seien es wir Sänger auf der Bühne, Dirigent, Chor, Orchester oder auch das Publikum. Alle müssen ein Übermaß an Leistung bringen, und das geht nur mit viel Emotion und Konzentration! Ich glaube, das ist es, was Wagners Größe ausmacht.“

GMD Simone Young dirigiert innerhalb von drei Wochen die zehn Hauptwerke des Bayreuther Meisters vom Fliegenden Holländer bis zum Parsifal.

„Wagner zählt für mich zusammen mit Mozart, Strauss, Verdi und Puccini zu den fünf Säulen, auf die ein Opernhaus sein Repertoire baut. Intellektuell und psychologisch gesehen gehört er für mich zu dem Interessantesten, was ein Opernrepertoire zu bieten hat. Diese Mischung aus Mythos und Personendrama, die große Emotionalität und seine Kenntnis der menschlichen Psychologie bewirken, dass die Werke immer aktuell und immer faszinierend bleiben.

Ich bin in einem Land aufgewachsen, in dem man so gut wie gar nicht Wagner spielt. Wir haben in Australien weder geeignete Spielstätten noch eine Tradition, obwohl es immer wieder bedeutende Wagnerinterpreten in Australien und Neuseeland gegeben hat – Elizabeth Connell, Lisa Gasteen, Glenn Winslade, und sogar Joan Sutherland hat in Covent Garden London die Meistersinger-Eva gesungen, bevor sie ins Belcantofach wechselte. Auch der große Wagnerdirigent Charles Mackerras ist Australier. Und die berühmte Marjorie Lawrence stammte ebenfalls aus Australien und nicht, wie oft behauptet wird, aus den USA.

Meine ersten Begegnungen mit Wagner waren Schallplattenaufnahmen. Als Studentin im Alter von 21 Jahren bin ich einmal mit dem Bus dreizehn Stunden nach Melbourne gefahren, um eine konzertante Aufführung von Siegfried erleben zu dürfen. Als ich dann selber die Werke ‚mit den Händen greifen konnte’, eröffnete sich mir eine neue musikalische und musikdramatische Welt, die Stück für Stück weiter aufging, während ich zur selben Zeit intensiv damit beschäftigt war, die deutsche Sprache zu lernen.

Ich erinnere mich an jenen Moment, als ich vor der Alten Pinakothek in München stand und mir dachte, ich könnte jetzt jedem auf Deutsch erzählen, wo die Riesen ihre Schätze versteckt haben, aber wie man mit dem Bus zum Marienplatz kommt, das kann ich noch nicht fragen, weil es in keinem Wagnerlibretto vorkommt.

Ja, das waren die frühen Begegnungen mit dem Werk Richard Wagners. Und weitere Begegnungen mit dem Komponisten gab es dann selbstverständlich während meiner Arbeit als Repetitorin in Köln und dann als Assistentin in Bayreuth und danach, sehr schnell folgend, als Dirigentin von Wagners Opern in Berlin und Wien und London. Wenn man anfängt, sich mit seinem Oeuvre zu beschäftigen, spürt man, dass eine Lebensarbeit beginnt. Ich habe jetzt alle Werke zig Mal dirigiert, in verschiedensten Besetzungen, Inszenierungen, Situationen und freue mich, dass ich mich hoffentlich noch mindestens fünfundzwanzig Jahre immer wieder aufs Neue damit auseinandersetzen kann.

Das Schöne ist, besonders was die Sänger betrifft, dass man als junger Assistent mit einer Generation zusammenarbeitet, die wahrscheinlich zwanzig bis dreißig Jahre älter ist, als man selbst. Irgendwann trifft man dann auf Sänger der eigenen Generation. Und je älter und reifer man wird, desto stärker freut man sich auf die nachfolgenden Generationen. Ein Dirigent hat die Chance, mit drei bis vier Generationen von Sängern die Werke Wagners zu erleben. Und diese Möglichkeit empfinde ich als großes Geschenk.

Wenn ich Wagner heute treffen könnte, würde ich ihn gerne fragen, wie er als Komponist mit langen Unterbrechungen während der Entstehung des Rings zurechtgekommen ist. Am Ende des zweiten Aktes hat er die Komposition des Siegfried unterbrochen, und erst zwölf Jahre später, als er bereits »Tristan und Isolde« und Die Meistersinger von Nürnberg zu Ende komponiert hatte, die Arbeit wieder aufgenommen.
Einmal abgesehen davon, dass man diesen Bruch in der Musik deutlich spürt, denn die Unbeschwertheit des ersten Teils ist nicht mehr so vorhanden, und die Musik klingt chromatischer und erinnert ein wenig an Tristan.

Wagner arbeitete bekanntlich immer mit musikalischen Zitaten. Gingen ihm die Ohrwürmer immer noch im Kopf herum, als er bereits die nächste Oper in Angriff genommen hatte? Es ist für mich unfassbar, dass ein Mensch vor einem leeren Notenblatt saß und daraus die Götterdämmerung entstand.“


Christian Franz wird in allen Aufführungen des ‚Ring des Nibelungen’ dabei sein: Loge im Rheingold, Siegmund in Die Walküre und Siegfried in Siegfried und Götterdämmerung.

„Wagners Opern bilden bis heute eine wichtige Säule meiner künstlerischen Existenz oder, anders ausgedrückt: Wagner ist mein Brötchengeber, dank der unvergleichlichen Phantasielosigkeit jener Entscheidungsträger, von denen ich früh auf Wagner festgelegt worden bin. Aber ich muss da auch gleich etwas Gutes sagen: Wagners Opern haben schon immens viel Substanz, was den Text angeht, was die Psychologie betrifft, da reicht aus meiner Sicht Verdi nicht heran. Wagner ist wirklich Theater, Theater mit Musik. Seine Genialität ist begründet durch das enge Zusammenspiel von Psychologie, Musik, Text. Die Psychologie seiner Figuren ist einfach raffinierter und ausgefeilter als beispielsweise bei Verdi.

Wenn ich ihm begegnen könnte, würde ich Wagner gerne fragen: ‚Warum hast’ denn immer so lang schreiben müssen? Warum denn immer, wenn das Wort ICH fällt, warum ist das immer auf der betonten Zähl-Zeit?’ Das verrät ja sehr viel über ihn selber, über seine Egomanie. Ich würde ihn gerne befragen über so manche seiner angeblichen Regieanweisungen, die mir nicht schlüssig vorkommen und die in der Partitur über der Musik geschrieben stehen. Zum Beispiel sagt Parsifal im dritten Akt, dass er jetzt zu Amfortas geht, (mit gesteigert stolzem Ausdruck) das Haupt nun salbe Titurels Genoss’, dass heute noch (groß, befehlend) als König er mich grüße. So soll Parsifal das sagen, steht da als Wagners Anweisung, und die Musik klingt dazu pathetisch. Aber die Situation ist doch eine ganz andere. Zum Vergleich: Wenn wir jetzt einen neuen Papst kriegen, wird der doch auch nicht mit stolz erfüllter Brust vor die Leute treten: „Ich bin jetzt Papst!“, sondern er wird sich eher etwas beklommen sagen: „Ach du lieber Gott!“
Und so ähnlich ist eigentlich diese Situation für Parsifal in der eben beschriebenen Szene. Solche Sachen gibt es ganz viel bei Wagner.

Warum ist Beckmesser musikalisch so eindimensional charakterisiert? Sodass man als Darsteller permanent darum kämpfen muss, dieser Figur trotzdem ein menschliches Gesicht zu geben. Die Figur wäre phantastisch, wäre sie nicht so festgelegt auf den antisemitischen Beigeschmack in der Rezeptionsgeschichte, so begründet diese Entwicklung auch sein mag.

Es ist wirklich ein furchtbarer Kampf mit dem Beckmesser. Das kann ich aus eigener Erfahrung beurteilen, denn ich hätte ihn fast einmal in Budapest gesungen unter dem Dirigat von Adam Fischer. Dann bemerkte ich, dass ich mich in dieser Stimmlage viel zu wohl fühle, und dachte mir, „oh, ich muss mich vorsehen, dass ich da nur nicht den Tenor verliere“. Denn diese Partie zieht die Stimme nach unten. Ich glaube, für mich ist es noch zu früh, solche Rollen länger zu singen.

Aber irgendwann kommt eine Rolle wie Beckmesser bestimmt für mich in Frage. Als ich angefangen hatte, diese Partie durchzuarbeiten, stellte ich zudem fest: Das sind so schnelle Notenwerte, du hast viel zu wenig die Möglichkeit, die Figur zu charakterisieren. Ein bisschen mehr Zeit, ein bisschen mehr Ruhe, und schon könnte man so viel aus dieser Figur machen! Nimmt man andererseits Mime, der hat noch weit eher die Möglichkeit, ungemein viele Facetten zu zeigen. Wie menschlich dieser Charakter in Wahrheit eigentlich ist, wird aber leider auf der Bühne viel zu selten gezeigt. Wenn man sich diese Figur einmal genauer ansieht: Aus seiner Sicht hat Mime völlig Recht, wenn er alles daran setzt, Siegfried zu vernichten.
All das sind Fragen, die ich Wagner stellen würde. Ich würde nach der Charakterisierung der Figuren aus seiner damaligen Sicht fragen. Warum hat er das so geschrieben und vielleicht anders gemeint, als wir es versuchen heute zu gestalten?

Wäre ich Wagner persönlich begegnet, wir hätten uns wohl nicht besonders gemocht. Ich stelle ihn mir sehr diktatorisch vor. Ich kann schlecht mit Leuten, die sich vergöttern lassen. Anders gesagt: Man kann schließlich die Dinge auf vielerlei Arten sehen. Es gibt keine absolute oder einzig gültige Wahrheit!

Katja Pieweck singt Magdalena, Fricka in Rheingold, Brangäne, Siegrune und zum ersten Mal Ortrud in Lohengrin sowie die ‚Wesendonck-Lieder’ in der Wagner-Soiree.

„Bis heute habe ich ein eher ambivalentes Verhältnis zum Werk Richard Wagners. Einer ‚natürlichen’ Abneigung – zu lang, zu laut, zu bombastisch – steht eine unglaubliche Bewunderung gegenüber. Es ist faszinierend, was dieser Mensch entwickelt hat und wie schöpferisch er war. Wenn man sich ganz auf die Musik und die Texte einlässt, gerät man in einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Es gibt einen Moment während der Rheingold-Vorstellung, wo ich das besonders deutlich empfinde, wenn wir – Fricka, Wotan, Donner, Froh – durch den Verlust von Freias Äpfeln, die den Göttern zur Unsterblichkeit verhelfen sollten, entkräftet auf dem Boden liegen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, die Wucht des Orchesters zu erleben, wenn die Musik den Körper durchflutet und den Bühnenboden vibrieren lässt.

Meine erste Begegnung mit einer Wagneroper fand während meiner Schulzeit in Hannover statt. Ich sang im Mädchenchor und hatte gerade erst meine Liebe zum Singen entdeckt. Da wagte ich mich eines Tages in eine Vorstellung der Meistersinger von Nürnberg. Schon nach kurzer Zeit dachte ich mir, oh Gott, wo bin ich hier hineingeraten?

Die Oper nahm kein Ende, und die Musik war manchmal so laut, dass ich mich förmlich bedrängt fühlte. Zudem war die Inszenierung ein bisschen altertümlich, und es tat sich nichts, außer dass die Menschen auf der Bühne herumstanden und sangen.

Erst viel später, hier in Hamburg, wurde mein Urteil über die Meistersinger durch die wunderbare und erkenntnisreiche Arbeit mit Peter Konwitschny gründlich revidiert.
Aber damals war nach meinem ersten Meistersinger-Erlebnis das Thema Wagner für mich erst einmal erledigt. Alarmiert durch die endlose Länge der Stücke wagte ich mich lange Zeit nicht an das Studium der Partien heran.

Eine positive Begegnung mit Wagner ereignete sich während des Studiums mit den ‚Wesendonck-Liedern’, die ich, als ich das Masefield-Stipendium erhielt, gesungen habe. Das ist jetzt fast zwanzig Jahre her. Wenn ich die Wesendonck-Lieder demnächst wie der zu Gehör bringen werde, habe ich mittlerweile einen anderen Blick auf sie gewonnen, und meine Stimme hat sich auch verändert. Und überhaupt hat sich meine Stimme ja erst nach und nach in Richtung dramatisches Fach entwickelt, darum habe ich bisher noch gar nicht so viele große Wagnerpartien gesungen. Zunächst waren das ‚Zubringerpartien’, in der früheren Walküren-Inszenierung von Günter Krämer sang ich bereits die Siegrune. Die erste größere Herausforderung war dann die Brangäne 2006.

Ich bedauere es, dass Wagner so wenig Lieder geschrieben hat. Wenn ich ihm heute begegnen könnte, würde ich ihn nach dem Grund fragen. Der Reclam-Liedführer gibt nur 20 Lieder an, meistens werden nur die Wesendonck-Lieder aufgeführt.


Die Statements der Künstler wurden von Annedore Cordes aufgezeichnet.

Aufführungen:
Richard Wagner „Parsifal“
Musikalische Leitung: Simone Young. Inszenierung und Bühne: Robert Wilson. Kostüme: Frida Parmeggiani. Chor: Janko Kastelic. Spielleitung: Nicola Panzer/Petra Müller
Amfortas: Andrzej Dobber
Titurel: Wilhelm Schwinghammer
Gurnemanz: Peter Rose
Parsifal: Nikolai Schukoff
Klingsor: Antonio Yang
Kundry: Michelle DeYoung
1. Gralsritter: Chris Lysack
2. Gralsritter: Szymon Kobylinski
Vier Knappen: Solen Mainguené, Ida Aldrian, Sergiu Saplacan, Manuel Günther
Blumenmädchen (1. Gruppe): Katerina Tretyakova, Gabriele Rossmanith, Rebecca
Jo Loeb
Blumenmädchen (2. Gruppe): Hayoung Lee, Solen Mainguené, Ida Aldrian
Stimme aus der Höhe Rebecca Jo Loeb
Koproduktion mit der Grand Opera Houston.
Aufführung 19. Mai, 16.00 Uhr

Richard Wagner „Tannhäuser“
Musikalische Leitung: Simone Young. Inszenierung: Harry Kupfer. Bühnenbild: Hans Schavernoch. Kostüme: Reinhard Heinrich. Licht: Manfred Voss. Chor: Christian Günther. Spielleitung: Nicola Panzer
Landgraf: Hermann Georg Zeppenfeld
Tannhäuser: Franco Farina
Wolfram von Eschenbach: Lauri Vasar
Walther von der Vogelweide: Jun-Sang Han
Biterolf: Moritz Gogg
Heinrich der Schreiber: Chris Lysack
Reinmar von Zweter: Levente Páll
Elisabeth/Venus: Petra Maria Schnitzer
Hirt: Mélissa Petit
Unterstützt durch die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper. Gefördert durch die Deutschen Philips-Unternehmen
Aufführung 22. Mai, 18.00 Uhr


Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit der Hamburgischen Staatsoper.

Fotonachweis: © Hamburgische Staatsoper
Header: „Rheingold“. Foto: © Monika Rittershaus
Galerie:
01. Klaus Florian Vogt. Foto: © Alex Lipp
02. „Lohengrin“. Foto: © Jörg Landsberg
03. Bo Skovhus. Foto: © Roland Unger
04. Simone Young
05. „Siegfried“. Foto: © Monika Rittershaus
06. Christian Franz
07. „Die Meistersinger von Nürnberg“. Foto: © Hermann und Clärchen Baus
08. Katja Pieweck