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Wie konnte es dazu kommen? Nach den bitteren Erfahrungen der letzten Jahre (nun schon fast Jahrzehnte), sollte man glauben, dass auch das Haus am Glockengießerwall allmählich zu wirtschaften versteht. Vor allem aber, dass die Controller in der Kulturbehörde mit Argusaugen über dessen Finanzen wachen. Das ist offenbar nicht passiert. Oder – im Zuge der allgemeinen Euphorie nach der vollumfänglichen Sanierung und der gefeierten Wiedereröffnung des Museums 2016 – viel zu spät. Dass die Kunsthalle bereits dieses Jubel-Jahr mit einem Defizit von 918 000 Euro abschloss, störte offenbar niemanden.
2017 ruckelt sich das schon alles wieder zurecht, muss die überaus optimistische Annahme gewesen sein. Will man dem Sprecher der Hamburger Kulturbehörde glauben, hätte die Kulturbehörde beim besten Willen auch nicht früher einschreiten können: „Wir konnten nach der Modernisierung nicht sagen, wie sich die Kosten entwickeln“, so Enno Isermann. Die Spendeneinnahmen seien deutlich niedriger ausgefallen als erwartet, die Energiekosten dafür deutlich höher. Im Vergleich zu 2013, dem Jahr vor den Umbaumaßnahmen (und dem ersten Jahr mit einem deutlichen Plus von fast vier Millionen Euro), stiegen die Kosten beim Bewachungspersonal um rund 600.000 Euro und die Reinigungskosten verdoppelten sich knapp von 222.000 auf 410.000 Euro.

Sobald klar war, dass sich die Zahlen nicht so entwickeln, wie prognostiziert, hätte man Einsparungsmöglichkeiten eingeleitet, sagt Isermann. Etwa Umstrukturierungen im Personalbereich und in der Finanzbuchhaltung ab 2018: „Wenn sich im Laufe des Geschäftsbetriebs herausstellt, dass sich der Wirtschaftsplan nicht erfüllt, können wir ihn nicht einfach über den Haufen werfen. Da müssen wir durch“.

Auch wenn Isermann nicht bestätigen will, dass die Kulturbehörde das Defizit ausgleicht, klingt die Formulierung „da müssen wir durch“ verhalten optimistisch und deckt sich mit der Aussage des kaufmännischen Geschäftsführers Norbert Kölle: „Wir sind auf einem guten gemeinsamen Weg“. Der Kultursenator hat bereits Hilfe signalisiert. Sicher will Carsten Brosda den Neuhamburger nicht im Regen stehen lassen, denn der ist nun wirklich nicht für den Schuldenberg verantwortlich. Kölle wechselte im August 2017 vom Bremer Focke-Museum nach Hamburg, um „aufzuräumen“, wie man hinter vorgehaltener Hand hört. Er legte als erstes das strukturelle Defizit offen, das unter seinem Vorgänger Stefan Brandt entstanden war. Brandt hatte blauäugig (besser gesagt: sträflicher Weise) eine runde Million Euro als Spenden für seinen Wirtschaftsplan 2017 ausgewiesen. Und genau die fehlen nun.

Kunsthallenchef Christoph Martin Vogtherr hofft indes, mit einem attraktiven Ausstellungsprogramm (Highlight: Die erste monographische Ausstellung des englischen Landschaftsmaler Thomas Gainsborough ab März) das Defizit zu mindern. Die Eintrittspreise wurden bereits im Oktober von 12 auf 14 Euro angehoben und sollen im Laufe des Jahres eine halbe Million Euro wettmachen. Keine populäre Maßnahme, aber immer noch besser als Pleite zu gehen. Schließlich will die Hamburger Kunsthalle 2019 ihren 150. Geburtstag feiern – und nicht ihren Ruin beklagen.

Hamburger Kunsthalle

Abbildungsnachweis:
Headerfoto: KulturPort.De, Archiv

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