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Seit den frühen 1950er-Jahren zeichnete Schmidt seine Knatterton-Geschichten, die solch schöne Titel tragen wie „Die Erbschaft in der Krawatte“, „Ein Kopf fiel in die Themse“ oder „Der Stiftzahn des Capri-Fischers“. In mehr als 500 Fortsetzungen erschienen sie Woche für Woche in der Illustrierten “Quick“.

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Nick Knatterton jagte Gangster, befreite entführte Millionärstöchter oder Wissenschaftler aus den Fängen zwielichtiger Gestalten. Seine Einsatzorte waren das stets in dichten Nebel gehüllte London oder Paris, die Stadt der Mode und der Leidenschaften oder das Land im Süden, in dem man dem Chianti frönt. Bei seinen Jagden auf Spitzbuben setzte er nicht nur seine körperliche Kraft und Gewandtheit ein, sondern bediente sich technischer Delikatessen, die einem James Bond die Tränen in die Augen steigen lassen könnten. Mit dem im falschen Rauschebart verborgenen Fallschirm entging der spitzköpfige Meisterdetektiv dem sicheren Tod, als er von Gangstern vom Dach eines Wolkenkratzers geworfen wurde. Sein Supersportwagen war mit automatischem Spurverfolger, Radiosessel mit 5-D-Raumton und einem Maschinengewehr zum Beschießen von Reifen ausgestattet. .

Der meist Pfeife rauchende Nick Knatterton, mit markantem Profil und angetan mit kariertem Knickerboxeranzug und Schiebermütze, bewegte sich vornehmlich in Kreisen der Hochfinanz und im Milieu zwielichtiger Gestalten. Otto Normalbürger kam nur als Statist vor. Bei Frauen, ob auf seiner oder der Gegenseite, hatte Knatterton gute Chancen. Sie hatten Geld und zeigten gern ihre üppigen Kurven in etwas zu engen Pullovern und in ein wenig zu stramm sitzenden Röcken.

Der Autor und Zeichner Manfred Schmidt hatte bei seinen Knatterton-Geschichten ursprünglich an eine Persiflage auf die Comics gedacht. „Ich nahm mir vor“ so Schmidt, „diese primitivste aller Erählformen so gründlich zu parodieren, dass den Leuten die Lust an der blasenreichen, auf Analphabeten zugeschnittene Stumpfsinnsliteratur verging“. Diese Absicht ging gründlich daneben. Schmidt konnte feststellen, dass die Deutschen „durch Knatterton erst richtig Appetit auf blasengespickte Comic strips“ bekamen.

Zum Erfolg der Serie hat vermutlich beigetragen, dass Schmidt aus der Parodie von Comic und Krimi eine Satire auf die Realität machte. Immer wider brachte er Knatterton mit der politischen und kulturellen Wirklichkeit der fünfziger Jahre in Verbindung. Sein Erfolgsrezept war einfach. „Man nehme eine leichte Bonner Pflaume und etwas Klamotte, Sex und ein halbgeistreiches Aperçu.“

Manfred Schmidt hätte in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert; er starb von 14 Jahren. Dem hannoverschen Museum hatte er viele der noch erhaltenen Originalzeichnungen zu Nick Knatterton überlassen. Diese zum Teil seit mehr als 50 Jahren nicht mehr nachgedruckten Geschichten werden in der Ausstellung collagiert mit Memorabilien wie einer Knatterton-Faschingsmaske, Laubsägebögen oder Apfelsinenetiketten. Aufzeichnungen von Fernsehshows bei Meistern wie Frankenfeld oder Kulenkampff zeigen Schmidt als Schnellzeichner, dem der Schalk im Nacken sitzt.


Die Ausstellung ist noch bis zum 21. April 2013 zu sehen im Wilhelm Busch Deutsches Museum für Zeichenkunst, Georgengarten in 30167 Hannover. Kein Katalog.
Geöffnet: Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr
Eintritt: 4,50 Euro, erm. 2,50 Euro

Abbildungsnachweis: alle © Wilhelm Busch – Dt. Museum für Karikatur und Zeichenkunst
Header: Nick Knatterton, Brettspiel: Kombiniere... Wer mich hat, gewinnt, Deckel, 1950er, Leihgabe Riedhammer.
Galerie:
01. Ausstellungsplakat
02. Manfred Schmidt, Adenauer-Karikatur (A. als Indianer)
03. Manfred Schmidt, Nick Knatterton - Die Erbschaft in der Krawatte, Folge 8 (nur Panel), 1955.
04. Manfred Schmidt, Zwei Koffer nach Kairo, Illustrierter Reisebericht.
05. Manfred Schmidt, Cel der Nick Knatterton Zeichentrickfilmserie.
06. Manfred Schmidt, Wimmelbild-Werbeanzeige.
07. Manfred Schmidt, Kurort Berlin, für BZ am Mittag, 1937, Sammlung Riedhammer.
08. Manfred Schmidt, Die Frau am Variete, Motiv für Werbeblatt, 1930er-Jahre, Sammlung Riedhammer.