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Kunsthandwerk, Grafik & Design

Natur konstituiert sich in sehr unterschiedlichen Ausprägungen: Kleider, die rein aus Naturfasern hergestellt wurden, aus tierischen Produkten oder deren weitgefächerte Motivik aus der Natur stammt oder entlehnt ist.
In verschiedenen Schwerpunkten sind insgesamt 100 Objekte, (Kostüme, Kleider, Jacken, Hüte und Mäntel) sowie mehr als 300 Accessoires (Taschen, Schuhe, Knöpfe, Schmuck) ausgestellt und nach Themen wie Wald, Garten, Wiese, Dschungel, Savanne, Schmetterlinge, Wildtiere, Singvögel etc. geordnet und Parcour-artig und liebevoll inszeniert.

Bewusst wurde bei der vom Sammler selbst kuratierten Ausstellung auf eine Chronologie verzichtet. So werden wundervoll bestickte Seiden-Brokat Jacken im Rokokostil des 18. Jahrhunderts neben Brokat-bestickten Abendkleidern aus dem Modehaus „Lanvin“, Paris des Jahres 1968 gezeigt. Ein Maxi-Dress mit Elefantenmotiven aus Thailand, um 1978, neben einem Seidenkimono dessen einziges Motiv fliegende Kraniche darstellt, angefertigt in Paris um 1910. Dieser thematische Rhythmus sorgt für eine inhaltliche Spannung und dafür, dass den Besuchern vor Augen geführt wird, dass sich bestimmte Motive und bevorzugte Themen durch die Jahrhunderte kontinuierlich verbreiteten und sich jeweils dem Stil der Zeit angepasst haben. Neben dem Interesse an Exotik sind viele Kleidungstücke regionalen oder heimatlichen Stilen und Anschauungen zuzuordnen.

Besonders vielseitig und beeindruckend sind Ausstellungsobjekte aus dem 21. Jahrhundert und entworfen in Ländern, die man nicht im Zentrum der Modelandkarte führt. Allen voran ein Hochzeitskleid, das 2009 im litauischen Vilnius angefertigt wurde und das baltische Meer symbolisieren soll. Nicht etwa, dass auf das Kleid Muscheln, Bernsteinbrocken oder Holzreste genäht wären – das wäre allzu platt. Vielmehr sind Farbigkeit, Materialwahl und Schichtungen der Stoffe so konzipiert, dass das Gefühl entsteht, Wellen trekken an die Küste und über Sandstrände hinweg. Wie nah sich hier Kunst und Mode-Design kommen können.
Oder eine Seiden-Satin-Abendjacke aus Shanghai, die 1948 angefertigt, westliche und östliche Modeauffassungen miteinander verschmelzen lässt und äußerst elegant wirkt. Ist der obere Teil der Jacke ganz in schwarz gehalten so formen sich Seidenwellen im unteren Teil ornamental um das Kleidungsstück herum.

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Eine ganze Kollektion von Hüten sind um die mächtigen hölzernen Träger des alten Museumssaales herumdrapiert, auch sie zeigen die Innovationen von gut 250 Jahre Hut-Design. In Vitrinen sind die Accessoires-Stücke ebenfalls thematisch geordnet und sinnvoll zusammengefasst. Zum Thema Jagd liegen Kupfer-, und Messingknöpfe mit Tierkopfmotiven neben Taschen und Gürteln mit Diana-Szenen, der Göttin der Jagd, sowie Motto-Utensilien und Broschen aus versilbertem Eichenlaub bis allerlei Blattwerk.

In der Ausstellung vernimmt der Besucher Vogelgezwitscher und sieht auf einfach, aber effektvoll inszenierten Hintergrundbildern Schatten von Gräsern und Farnen, belaubten Zweigen, Ranken und Blumen. Lichtreflektionen von Wasser geben der atmosphärischen Aura den Anschein tatsächlich in einer ruhigen, friedlichen und inspirierenden Natur zu sein.

Sammler und Stiftungsgründer Alexandre Vassiliev wurde 1958 in Moskau geboren und siedelte 1982 nach Paris. Aus einer berühmten russischen Theaterfamilie stammend blieb er zunächst dem Genre treu und arbeite als Bühnenbildner für diverse Theater und Ballett-Kompanien in Frankreich und international. Hinzu kamen Aufträge als Filmausstatter und Design-Berater. Vor allem aber verfügt Vassiliev über ein großes Wissen in Sachen Modegeschichte und über diese hervorragende Sammlung. Als Dozent unterrichtet er an Universitäten und publizierte mehrere Bücher. 2010 erhielt er den Ehrentitel „Fashion Legend of the Year“.

Die erlebenswerte Ausstellung „Tamed Nature“ 18th to 21st century („Pieradinātā daba") ist noch bis zum 16. Oktober 2016 im Museum für Dekorative Kunst und Design, Skārņu iela 10/20, Riga/Lettland zu sehen.
Weitere Informationen (engl.)

Über das Museum
Das Museum für Dekorative Kunst und Design ist in der ehemaligen St. Georg-Kirche untergebracht, die das älteste erhalten gebliebene gemauerte Gebäude in Riga ist. In dem Museum werden in Lettland entstandene dekorative und Designkunstwerke gesammelt, der Fundus besteht aus sieben einzelnen Sammlungen.
Der Fundus des Museums für Dekorative Kunst und Design besteht aus sieben einzelnen Sammlungen: Textilkunst, Keramik und Porzellan, Metallkunst, Lederkunst, dekorative Holzkunst, Glaskunst und der neuen Designkollektion.
Das Museum nennt die umfangreichste Sammlung von Werken der Grundsteinleger des lettischen Modernismus sein eigen: Arbeiten aus der Werkstatt für Porzellanmalerei „Baltars“ (1924–1928) oder der Künstler Romans Suta (1896–1944), Aleksandra Beļcova (1892–1981) und Sigismunds Vidbergs (1890–1970). Sie sind durch von den Stilrichtungen Kubismus, Futurismus und Art Deco inspirierte abstrakte geometrische Formen, die Dekorativität der Farben und Formen und graphische Feinheit charakterisiert. Die im Fundus enthalten Kunstwerke vertreten einen Zeitraum, der sich vom Ende des 19.Jahrhunderts bis heute erstreckt.
Im 1. und 2. Stock des Museums für Dekorative Kunst und Design sind die Dauerausstellungen untergebracht, die den Besuchern einen Einblick sowohl in einzelne Künstler und deren Werk als auch in die dominierenden Stilrichtungen gewährt.
Neben den Dauerausstellungen wird den Besuchern systematisch ein breit gefächertes Cluster an Ausstellungen angeboten. Jedes Jahr werden Ausstellungen sowohl über nationale als auch ausländische dekorative Kunst und Design ausgerichtet. Eine bedeutende Rolle in der Tätigkeit des Museums spielen auch die Kreativwerkstätten (Stoffdruckerei, Wollwalkerei etc.) und andere Aktivitäten, die jedem Teilnehmer die Möglichkeit eröffnen, seine kreative Fantasie auszuleben.



Videos: © Claus Friede
Abbildungsnachweis: Alle Fotos © Claus Friede
Header: Blick in die Ausstellung „Tamed Nature“
Galerie:
01. Blick in die Ausstellung „Tamed Nature“
02. Seidenbrokat Leibjackett mit floralen Szenen im Rokoko-Stil, Italien 1750
03. Seidenbrokat Abendrobe mit Palmblattmotiven, Lanvon-Modehaus, Paris, 1968
04. Baumwoll-Maxi-Kleid mit Elefanten-Motiven, Thailand um 1978
05. Seidenkimono, bestickt mit fliegenden Vögeln, Babani-Modehaus Paris, um 1910
06. Hochzeitskleid, inspiriert vom Baltischen Strand, Eydrane Grigonyte-Modehaus, Vilnius, 2010
07. Seiden-Satin-Abendjacke mit Satinstickerei im Wellenmotiv, Schanghai 1948 (Aus dem Besitz der Dichterin Larissa Anderson)
08. Woll-Mini-Kleid in Fischschuppen-Art, Martin Garber-Modehaus, Paris, 1964-65
09. Accessoires für Damen: Perlenbestickte Tasche, Knöpfe, Schmuck mit Jagdmotiven, 1880-1950
10. Blick in die Ausstellung „Tamed Nature“
11. Musselin-Abendkleid mit Schmetterlingsdrucken (Vorder- und Rückseite), Mary Nowicky-Modehaus, Paris, 1927-28
12. Blick in die Ausstellung „Tamed Nature“
13. Eröffnung der Ausstellung mit Alexandre Vassiliev. Foto: Museum für Dekorative Kunst und Design

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