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Fotografie

Ungeschminkt, die Haare streng zurückgekämmt, steht sie da in Jeans und Turnschuhen und sucht nach Worten. Noch scheint sich die sympathische Holländerin nicht an den Hype gewöhnt zu haben, der derzeit um sie gemacht wird. Seit Jahren ist die Fotografin Jahrgang 1972 im Geschäft, fotografiert Mode für angesagte Marken und Magazine, doch erst die abstrakten Farbkompositionen, die in ihrem verwirrenden Größenverhältnis und dem gnadenlosen Licht- und Schattenspiel mitunter fast surreal wirken, brachten den Durchbruch in der Kunstwelt. Dabei ist ihr fotografisches Werk äußerst vielfältig, befasst sich mit Psychologie und Selbstwahrnehmung ebenso, wie mit Dokumentarfotografie und Poesie - und immer spielen Schatten (lat. Umbra) und Spiegel die zentrale Rolle. In der Installation TOTEM beispielsweise wird der Betrachter durch seitlich angebrachte Spiegel und das Licht des Projektors selbst zu einem der Schatten, die entlang einer Wüstenlandschaft projiziert sind. In der Reihe „Carbon“ zeigt sie schwarze Menschen bei Nacht, lakonische Schnappschüsse, wie den Jungen in seinem Halloween-Skelett-Kostüm, von dem man nur die weißen Knochen sieht. Durch die Finsternis, die der Betrachter zu durchdringen sucht, haben Fotos wie diese etwas geheimnisvoll Magisches.

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„Von Anfang an habe ich Schatten geliebt“, sagt Viviane Sassen. Wohl bewusst, dass Schatten mit dem Tod konnotiert werden. Der Tod und ihre Angst davor seien in ihrer Kindheit in Kenia immer „sehr präsent“ gewesen, insbesondere für sie, die Tochter eines Arztes. Nur drei Jahre lebte die Holländerin mit ihren Eltern in Afrika, von ihrem zweiten bis zu ihrem fünften Lebensjahr. Doch die Erinnerungen an diese Zeit begleiten sie auch heute noch. „Krankheit und Tod sind in Afrika viel sichtbarer als hier. Meine Arbeit ist eine Art, damit umzugehen und meine Ängste zu verarbeiten“.

Malewitschs „Schwarzes Quadrat“ sei die Reflexion des Todes in komprimierter Form, findet die Künstlerin. Sie selbst wollte ihre eigenen Schatten erfinden. So auch, indem sie die niederländische Autorin Maria Barnas bat, ein Gedicht über Schatten zu schreiben. Der gehörlose Südafrikaner Dawid Petro übersetzte das Gedicht „Hurtling“ in Gebärdensprache. Die Bewegungen seiner Hände in einem abgedunkelten Raum, die das Wort zum Bild formen, gehören zweifellos zu den poetischsten und eindringlichsten Performances, die man derzeit zu Gesicht bekommt.

Viviane Sassen – Umbra
Die Ausstellung ist bis zum 20.8.2017 zu sehen in den
Deichtorhallen, Haus der Photographie, Deichtorstraße 1-2 in Hamburg.
Weitere Informationen
Das Buch zu der Werkserie UMBRA ist im Prestel Verlag erschienen und erhielt 2016 den Deutschen Fotobuchpreis in Gold. Die Abbildungen von Viviane Sassen werden von Texten von Maria Barnas begleitet. Paperback, Klappenbroschur, 196 Seiten, 26 x 35 cm, 200 farbige Abbildungen. Preis: 59 Euro

Kuratorführung mit Ingo Taubhorn
Mittwoch, 14. Juni 2017, 18 Uhr
3 Euro (zzgl. Eintritt)

Tours in English
Saturday, July 8 and August 19, 2017, 5 pm
Included in the admission, no prior reservation necessary

YouTube-Videos:
Viviane Sassen – Umbra (Trailer)
An interview with Viviane Sassen (The Photographer’s Gallery, 2014)


Abbildungsnachweis:
Header: Viviane Sassen, Solitaire, 2014 C-print, 30x45 cm © Viviane Sassen
Galerie:
01. Yellow Vlei, 2014 C-print, 150x140cm © Viviane Sassen
02. Axiom GB01, 2014 C-print, 45x30 cm © Viviane Sassen
03. Four shoes, 2005 C-print, 33x45 cm © Viviane Sassen
04. Red Leg Totem, 2014 C-print, 60x40 cm © Viviane Sassen
05. Lemogang, 2013 C-print, 114x75 cm © Viviane Sassen
06. Uitkijk, 2013 C-print, 45x33 cm © Viviane Sassen
07. Viviane Sassen Foto: © Duy Vo

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