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Bildende Kunst

Zum 100-jährigen Eröffnungsjubiläum der Rendsburger Hochbrücke mit Schwebefähre konnte Nowak Anfang September seine Farblichtbeförderungsanlage der Öffentlichkeit übergeben.
Die Eisenbahnhochbrücke ist ein weltweit einzigartiges gigantisches Bauwerk des Brückenbauers Friedrich Voss (1872-1952). Am 1. Oktober 1913 wurde sie eröffnet und überspannt seither den Nord-Ostsee-Kanal in 42 Metern Höhe zwischen Rendsburg und Osterrönfeld als eine der längsten Eisenbahnbrücken Deutschlands. In ihr ist mehr Stahl verbaut als im Eiffelturm. Seit 1988 steht sie unter Denkmalschutz.

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Angefangen haben die Planungen für den Künstler im November 2010. Aus einer Anfrage der Aktiv-Region Eider- und Kanal-Region Rendsburg entwickelte Nowak ein außergewöhnliches Lichtkunstkonzept. Zunächst besteht die Schwierigkeit darin, der Vorgabe nichts an der denkmalgeschützen Brücke selbst anbringen zu dürfen, zu folgen. Der Künstler benötigt einige Tage und Nächte und präsentiert dann einen ersten Entwurf, der sowohl die „Eiserne Lady“ – wie der Volksmund die Brücke liebevoll nennt – als auch die Schwebefähre integriert. Tagtäglich pendelt Letztgenannte vom Süd- zum Nordufer des Nord-Ostsee-Kanals und bringt Menschen und Fahrzeuge ans gegenüberliegende Ufer. Diesen Ist-Zustand hat Nowak aufgegriffen und durch Licht weithin sichtbar gemacht. Die künstlerische Umsetzung durch Licht den pendelnden Austausch erlebbar zu machen, überzeugt sehr schnell die Verantwortlichen. Und davon gibt es nicht wenige: jene der Stadt Rendsburg, der angrenzenden Gemeinden, des Wasser- und Schifffahrtsamts, der Deutsche Bahn, der Entwicklungsagentur für den Lebens- und Wirtschaftsraum Rendsburg bis hin zum B.U.N.D. Viele Prüfungen, Animationen, technische und finanzielle Herausforderungen später ist im Sommer 2013 dann endgültig entschieden: es kann gebaut und installiert werden.

Till Nowak hat künstlerisch mit „PASSAGE“ gleich mehrere Inhalte fokussiert. Übergeordnet transportiert die Rendsburger Hochbrücke nicht nur Menschen und Fahrzeuge sowie Eisenbahnen und lässt Seeschiffe unter sich passieren, sondern nun auch Licht und macht damit Kommunikation per se sichtbar. Schon von weitem können Besucher und Einheimische sehen, wohin sich die Schwebefähre, die unter der Brücke hängt, bewegt, mit welcher Geschwindigkeit sie unterwegs ist und welches Farblicht sie zum anderen Ufer trägt. Nowak tut überdies etwas, was seit den 1960er-Jahren in die Kunst eingeführt wurde: Er lässt sein „Publikum“ aktiv teilhaben. Indem es an einem Steuerrad, welches an einer Stele auf jeweils beiden Uferseiten befestigt ist, dreht, kann es die Farbe selbst auswählen und einstellen. Somit ist der Künstler nicht mehr allein dafür verantwortlich, was sichtbar gemacht wird, sondern er gibt einen Teil der künstlerischen Verantwortung an die Benutzer ab. Das bedeutet, dass zu den Pendlern auf der Fähre auch jene zum Bestandteil der Kommunikation werden, die „ihre“ Farbe einstellen, ohne den Kanal zu überqueren. Die Passanten werden in jedem Fall zu Nutzern. Nicht nur Personen werden von Ufer zu Ufer transportiert – auch Immaterielles, nämlich Licht, Farbe, Ideen und Gedanken.

Die Funktion von „PASSAGE“ ist einfach. An beiden Ufern des Nord-Ostsee-Kanals stehen Stelen mit dem besagten Steuerrad. Passanten können hier eine Lichtfarbe auswählen, die ein Scheinwerfer der ablegenden Schwebefähre aufgreift, nach oben, also auf die Unterseite der Brücke projiziert und zum anderen Ufer befördert. Dort kann das Farblicht wieder verändert und zurückgeschickt werden. Außerhalb der Fährzeiten kann die Lichtfarbe an beiden Ufern über das Steuerrad unabhängig voneinander verändert werden. Das Lichtkunstwerk wird so zum Spiel: Es verbindet die beiden Ufer und symbolisiert charmant die Funktion von Fähre und Brücke.


Die Betriebszeiten sind abends, von Sonnenuntergang bis 00:00 Uhr. Morgens, ab 5:00 Uhr bis nach Sonnenaufgang.
Außerhalb der Betriebszeiten der Fähre gilt ein alternativer Modus: In diesem Fall kann die Lichtfarbe an beiden Ufern von den Besuchern separat über die Farbsteuerräder eingestellt werden. Bei starkem Nebel wird die Beleuchtung aus Sicherheitsgründen abgeschaltet.
www.passage-rendsburg.de
Einer Live-Web-Cam kann man hier folgen.

Till Nowak wurde 1980 in Bonn geboren. Mit seinem Studio frameboX arbeitet der Medienkünstler von Hamburg aus an Projekten der bildenden Kunst, des Mediendesigns und des Films. Er gilt als einer der innovativsten und kreativsten Künstler Deutschlands. Mit seinen Kurzfilmen „Delivery“ und „The Centrifuge Brain Project“ sorgte er auf unzähligen internationalen Filmfestivals für Aufsehen. Neben seinen freien künstlerischen Arbeiten produziert er unter anderem für Fernsehsender, Bands und Hollywood-Filmproduktionen.
Für seine Arbeiten erhielt er eine Vielzahl von Auszeichnungen, unter anderem den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstler, den „Best Short Film Award“ des AFI Festivals in Hollywood und einen Visual Music Award „In the spirit of Oskar Fischinger“.

Weitere Informationen zu Lichtkunstwerken und Beiträgen über Till Nowak bei KulturPort.De: "Kelvin" / "Aura" / "Kraftwirk"

Abbildungsnachweis:
Header: Lichtanimation an der Rendsburger Hochbrücke. © Till Nowak
Galerie:
01. PASSAGE
02. Die Rendsburger Hochbrücke wenige Wochen vor ihrer Fertigstellung 1913. Weltrundschau zu Reclams Universum 1913
03. Rendsburg. Eisenbahn-Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal; auf Kanal Motorschiff "Caapemaa", 1961. Foto: Dr. Gerhard Ilgner. Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung - Bildbestand (B 145 Bild)
04. und 05. PASSAGE (Animation)
06. Stele mit Steuerrad zum Einstellen der Lichtfarbe. Foto: Till Nowak
07. Eröffnung von "Passage". Foto: Till Nowak
08. Blaues Licht (Testversion) Foto: © Peter Zahn
09. Die Brücke von unten im Lichtschein.
10. Stele mit Lichschein. Foto: Till Nowak

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