Theater - Tanz

Deshalb setzte ich mich mit einiger Skepsis in den roten Ohnsorgplüschsessel, um mir Manni (Till Huster) anzuschauen, ein, wie der Name schon sagt, echtes Mannsbild. Der verbringt den Abend aus Versehen bei einer häuslichen Verkaufsparty mit den sechs Freundinnen seiner Frau, gewissermaßen stellvertretend und kurzfristig zur Ehrenfrau ernannt, wobei er mit urweiblichen Ansichten und Accessoires in Berührung kommt.

Ob es in erster Linie am Stück liegt, an der Regie (Hans Helge Ott) oder an den Darstellern; im besten Fall und höchstwahrscheinlich an allem zusammen – jedenfalls überzeugt der "kommodige Avend" vom ersten Moment an.
 

Alles ist absolut typisch, nichts Klischee.

Die ganze Sache versetzt unweigerlich in gute Laune. Das geht los, sobald Manni, der stämmige Baggerfahrer, in den ersten Minuten sein dralles Bäuchlein im Feinripp in einer übermütigen kleinen Chippendales-Choreographie herumschwenkt und es reicht bis zu den letzten Verbeugungen der Darsteller, wenn der Vorhang wieder aufgeht und die Mädels beim eifrigen Miteinanderquasseln überrascht, während Manni still im Mittelpunkt steht.
 

Seine Strip-Parodie macht er übrigens keineswegs den Damen zuliebe, er ist vielmehr noch ganz allein, hat gerade begriffen, dass der Skatabend mit seinen Kumpels geplatzt ist, seine Frau Moni zu ihrer Mutter fahren musste und freut sich nun halt auf einen netten Abend mit Bier, Chips und seiner Ruhe: daher das Tänzchen.

Gleich darauf pladdert die geballte Weiblichkeit auf ihn ein. (Uta Stammer, Meike Meiners, Beate Kiupel, Sandra Keck, Tanja Rübcke und Sonja Stein)
 

Manni erfährt verblüfft, dass sich seine Moni seit sechs Jahren mit ihren Freundinnen zur Kitchenparty trifft, immer freitags, wenn er Skat spielt. Dabei testen die Damen neue Haushaltsgeräte, die eine von ihnen preiswert anbieten kann (oder auch reizvolle Unterwäsche), trinken phantasievolle Cocktails und, natürlich, unterhalten sich.
 

Wir betrachten die Szene, obwohl die Frauen in der Überzahl sind, ständig aus Mannis Perspektive. Wenn beispielsweise plötzlich jede mit jeder spricht bis auf eine, die über ’s Handy ihr Kind beruhigt oder noch deutlicher, wenn Manni so nett ist, die Küchenmaschine zu bedienen. Genau wie er hören wir jetzt nicht mehr, was geredet wird, genau wie er vernehmen wir nur, wenn das Gerät schweigt, das abschließende weibliche Gekreisch und Gelächter und eine zusammenfassende Bemerkung wie „Ferkel!“ oder „Schlappschwanz!“ Aufgerollt, andererseits, wird alles aus dem Blickwinkel der Frauen, die ihrer ‚Ehrenfrau’ mit einiger Nachsicht dies und das beibringen, etwa Kochen im Wok oder das Aufdröseln eines BH-Verschlusses unterm Pullover – beide Kleidungsstücke über einen Stuhl gezogen.  
 

Ingo Sax zeichnet seine Personen mit einer abgeklärten Zärtlichkeit, die ansteckt.
Die Idee an sich lässt sich zwischen zwei Fingern transportieren und in einem Satz erzählen. Der Autor hat daraus zwei Stunden voller Witz und Tempo gemacht, so leicht wie Schaum auf einem gut geschenkten Bier.
Fünf Smileys!

(Die Autorin Dagmar Seifert ist Romanschriftstellerin und Journalistin.)

Ohnsorg-Theater
EN KOMMODIGEN AVEND von Ingo Sax
Uraufführung 1.3. 2009 noch bis 18. März zu sehen.
www.ohnsorg.de