NewsPort - Kunst & Kultur aktuell

News-Port
 
Der Präsident des Goethe-Instituts Klaus-Dieter Lehmann betonte bei der Jahrespressekonferenz, dass sich besonders in turbulenten Zeiten das Potenzial des langfristigen Kulturaustauschs zeige: „Wir sind vor Ort meist seit vielen Jahren im engen und vertrauensvollen Kontakt mit Künstlern, Partnern und Nichtregierungsorganisationen und können so schnell und effektiv auf Herausforderungen reagieren. Durch die konsequente Verknüpfung der verschiedenen Präsenzformen, den weiteren Ausbau unseres Netzwerks und strategische Partnerschaften haben wir unser Innovationspotenzial deutlich gesteigert.“ Es gelte, Freiräume zu schaffen und zu erhalten in Ländern, in denen der staatliche Zugriff die Meinungsfreiheit einschränkt: „Meinungsfreiheit ist für uns ein hohes Gut. In Kairo haben wir beispielsweise ein neues Institutsgebäude eröffnet, das schon architektonisch auf Transparenz und Begegnung setzt und für das kulturelle Leben in der ägyptischen Hauptstadt ein wichtiger Treffpunkt ist. Auch in der Türkei halten wir den Dialog mit Künstlern und der Zivilgesellschaft aufrecht.“
 
Behutsamer Ausbau des Netzwerks
Der Generalsekretär des Goethe-Instituts Johannes Ebert führte aus, dass in Reaktion auf die aktuellen globalen Herausforderungen das Netzwerk der größten deutschen Kulturmittlerorganisation behutsam ausgebaut werde: „2017 wird das Goethe-Institut neue Goethe-Zentren in Baku und Eriwan gründen. Für den Ausbau unserer Arbeit in der aufstrebenden Kaukasus-Region hat uns der Deutsche Bundestag für die Dauer von drei Jahren insgesamt 3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Mit unserer Programmarbeit wollen wir die Begegnung mit den Kulturschaffenden in Armenien und Aserbaidschan fördern und neue Freiräume des kreativen Austauschs ermöglichen.“
 
Auch durch die Erweiterung von Residenzprogrammen soll das Netzwerk verstärkt werden. Das Goethe-Institut hat als größter deutscher Anbieter weltweiter Residenzprogramme im November 2016 im brasilianischen Salvador da Bahia mit der neuen Künstlerresidenz Vila Sul sein erstes Residenzhaus auf der Südhalbkugel eröffnet, wie Klaus-Dieter Lehmann berichtete. Das Haus soll ein Ort des Austauschs für Kulturschaffende, Künstlerinnen, Wissenschaftler und Publizisten aus Deutschland und der ganzen Welt sein, die sich mit Fragen des Süd-Süd-Dialogs auseinandersetzen.
 
Neben den Goethe-Instituten und Residenzen als Frei- und Dialogräumen sind für Klaus-Dieter Lehmann die umfassende digitale Modernisierung der Sprach- und Kulturarbeit, Zugänge zu Bildung und die sozialen Netzwerke unverzichtbar. „Wir verstehen uns schon jetzt als innovativen Akteur im digitalen Anwendungsbereich. Für die notwendige Offensive zu einem breiten Strukturwandel benötigen wir jedoch eine Schwerpunktförderung, die in einer veränderten Welt über Reichweiten, Akzeptanz und Gestaltungsmöglichkeiten verfügt.“
 
Der Kaufmännische Direktor Bruno Gross gab einen Überblick über die finanzielle Situation des Goethe-Instituts: „2016 konnte das Goethe-Institut die Mittel des Vorjahres verstetigen, während sich bei den Eigeneinnahmen eine leichte Steigerung um zwei Prozent feststellen ließ.“ Die Nachfrage nach den Sprachkursen des Goethe-Instituts entwickle sich positiv, besonders in Nordafrika, Asien und Südosteuropa sei die Nachfrage nach Deutsch als Fremdsprache besonders groß. Bei den Prüfungen und Online-Kursen sei sogar ein starkes Wachstum festzuhalten. Mit 137 Millionen Euro an Eigeneinnahmen aus Sprachkursen und Prüfungen erwirtschaftete das Goethe-Institut 2016 rund 34,6 Prozent seines Haushalts selbst.
 
Die Zukunft Europas – „Collecting Europe“
Angesichts des zunehmenden Populismus und Nationalismus stellt das Goethe-Institut die Zukunft Europas in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Generalsekretär Johannes Ebert sieht für Kulturinstitutionen in Europa heute eine besondere Verantwortung. „Europa steht für Freiheit, Gerechtigkeit und kulturelle Vielfalt. Wenn diese Werte unter Druck geraten, müssen wir als Goethe-Institut Haltung zeigen. Unsere Goethe-Institute in Europa genießen Vertrauen und sind in ihren Gastländern umfassend vernetzt. Gemeinsam mit unseren Partnern sehen wir uns verpflichtet, Verantwortung für Europa zu übernehmen.“ Kultur und offener Dialog können neue Perspektiven eröffnen und auch diejenigen ansprechen, die Zweifel und Befürchtungen in Bezug auf eine offene Gesellschaft haben. „Deshalb möchten wir verstärkt junge Menschen und diejenigen, die sich gegen Europa positionieren, ansprechen, um gemeinsam mit ihnen über die Bedeutung und die Verteidigung freiheitlicher Werte nachzudenken.“
 
Auch über Ängste, die es in den europäischen Gesellschaften gibt, müsse man diskutieren, so Ebert: „Die große Konferenz ‚European Angst‘ in Brüssel mit wichtigen Intellektuellen wie Herta Müller, Slavoj Žižek oder Didier Eribon brachte in der vergangenen Woche auch kontroverse Positionen zu Europa zutage. Es ist wichtig, dass wir den Diskurs über Europas Zukunft offen führen. Besonders gefreut hat es mich, dass neben Intellektuellen, Politikern und Kulturschaffenden maßgeblich auch Studierende beteiligt waren. Diese Interaktion und die Einmischung der Zivilgesellschaft wollen wir weiter fördern.“
 
Vertieft wird dieser thematische Fokus zum Beispiel mit dem Gedankenexperiment „Collecting Europe“, das gemeinsam mit dem Victoria and Albert Museum in London durchgeführt wird: Wie Angela Kaya, Institutsleiterin in London, berichtete, wurden zwölf internationale Künstlerinnen und Designer aufgefordert, aus dem Jahr 4017 auf das heutige Europa zu schauen – ganz bewusst auch aus der außereuropäischen Perspektive. „Collecting Europe“ kulminiert im Februar 2017 in einem einwöchigen Festival mit Ausstellung und begleitenden Diskussionsrunden, Performances und Workshops.
 
Migration und Integration: Zugang zu Bildung gewähren
Johannes Ebert betonte die Bedeutung des Themas Flucht für das Goethe-Institut: „Unterstützung für Menschen auf der Flucht – dies bleibt eine große Aufgabe für das Goethe-Institut. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass jetzt keine verlorene Generation entsteht.“ Neben Aktivitäten in Deutschland habe das Goethe-Institut seine Programme in den Nachbarländern Syriens im zurückliegenden Jahr deutlich verstärkt. Zugang zu Bildung, die Förderung von Kreativität gerade junger Menschen und die Unterstützung geflüchteter Künstler und Kulturschaffender – dies seien für das Goethe-Institut zentrale Herausforderungen. „Viele Initiativen konnten wir ausbauen, um Perspektiven vor Ort zu schaffen. Andere haben wir im vergangenen Jahr neu gestartet, wie zum Beispiel die Bibliotheksbusse in der Türkei und dem Libanon und die Ideas Boxes – mobile Bildungs- und Informationszentren, die in Jordanien, dem Irak, Libanon und der Türkei zum Einsatz kommen. Projekte wie diese benötigen die dauerhafte Unterstützung durch das Auswärtige Amt“, sagte Generalsekretär Johannes Ebert. Mit „Goethe-Institut Damaskus im Exil“ habe man außerdem ein Experiment in Deutschland gewagt, das sehr erfolgreich war.
 
Der abschließende Ausblick galt dem Kulturprogramm „Die iranische Moderne“. Drei Monate lang geben iranische und deutsche Philosophen, Künstlerinnen und Kulturschaffende in Vorträgen, Lesungen und Konzerten Einblicke in die iranische Kunst-, Musik- und Literaturszene. Johannes Ebert sagte: „Das Goethe-Institut ist überzeugt, dass über das Kulturprogramm neue Verbindungen und ein offener Dialog zwischen deutschen und iranischen Kulturschaffenden erstehen werden.“
 
Quelle: Goethe-Institut

Kommentar verfassen
(Ich bin damit einverstanden, dass mein Beitrag veröffentlicht wird. Mein Name und Text werden mit Datum/Uhrzeit für jeden lesbar. Mehr Infos: Datenschutz)

Kommentare powered by CComment


Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.