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Michael Batz

Alles auf Blau. Die kühle Farbe des Geistes scheint Programm bei dem 1951 aus Hannover stammenden Lichtkünstler, Autor, Theatermacher und Dramaturg zu sein. Sein „Blue Port“, die „Blue Goals“ sind beliebte und mediale Hervorhebungen, im Vergleich zu dem, was Michael Batz eigentlich ausmacht. Und das soeben erschienene Buch „Hamburg.Licht.Kunst“ mit Texten von Matthias Gretzschel und Fotografien von Michael Zapf ist lediglich eine Facette des Inter-Kultur-Schöpfers – zugegeben eine weithin sichtbare.

Hamburg.Licht.Kunst - CoverAls vor siebzehn Jahren, 1999, erstmalig die Hamburger Speicherstadt von Batz illuminiert wurde, war diese weit entfernt vom Weltkulturerbe. Das Gesicht dieses im späten 19. Jahrhundert aus dem Boden regelrecht gestampften Lager-Quartiers mit seiner heute so überaus wertvollen touristischen Anziehung, wurde für die Nacht vollkommen erneuert. Nicht ohne Widerstand und bissigen Kommentaren der Kritiker natürlich. Buntes Lichtdesign, Zirkusatmo, ästhetischer Kitsch und und und. Scharfe Kritik der Gedanken- und Kulturpolizei – auch darin hat man hier geschichtlich Tradition – hat es im damals intoleranten Hamburg seit Jahrhunderten gegeben. So fürchtete die klerikale Obrigkeit noch im 18. Jahrhundert die Gaslaterne sei ein Eingriff in die Göttlich Ordnung und rief „Stop“.

Die Geschichte des nächtlichen, künstlichen Lichts in Hamburg ist der kundige Einstieg in das über 170 Seiten starke Fotobuch. Michael Zapf, einer der visuellen Dokumentaristen der Hansestadt, war, gleichnishaft Hase und Igel, immer zur Stelle, ob bei den Vorbereitungen, den Installationen oder der Ergebnispräsentation von Batz’ Projekten.

Als Theatermacher, Stückedenker und Dramaturg weiß Michael Batz um die Inszenierung und er tut dies wohlüberlegt, mit klarer Haltung – auch mit politischer. Und ohne jemals die Bodenhaftung zu verlieren oder das/sein Publikum aus dem Auge zu verlieren. Seine Haltung, demokratische und diskursive Elemente nicht außer Acht zu lassen, ergeben bei ihm keine Aneinanderreihung von Kompromissen, sondern letztlich das Beste aus einer Sache und einem Vorgang. Sein Engagement gegen die Todesstrafe, 2012: „Du sollst nicht töten“, prangte in luftiger Höhe als Neonschriftzug am Turm der Hauptkirche St. Michaelis. Die „Woche der Engel“ in Lübeck oder die Inszenierung zum „Gedenken zum 9. November" am Hamburger Rathausmarkt, die „4 Propheten“ auf dem Kleinen Kiel des HSH-Nordbank-Gebäudes in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt gehören auch in die Kategorie einer klaren Stellungnahme.

Der Lichtkünstler ist kein bloßer Illuminator, der Effekte beherrscht, er ist ein empathischer und sensibler Lichterzähler, dem nichts grusliger erscheint als die nächtliche Lichtverschmutzung in vielen Metropolen dieser Welt. Diesen Unterschied muss man erst einmal den vielen, die die Schule des Sehens noch nicht hinter sich gebracht haben, verdeutlichen – eine Sisyphus-Arbeit. Dass sich eine Stadt nachts ganz anders kleidet als tagsüber ist nicht jedem sofort klar und dass man Orte einer Stadt zum Hingucker machen kann, während tagsüber aber auch niemand den Ort überhaupt beachten würde, ebenfalls.

Michael Batz ist in seinen Erläuterungen und Antworten auf die vielen Fragen, die zu seinen Intentionen gestellt werden sehr dezidiert. Für ihn sind selbst kleine Unterschiede von Bedeutung und so lässt er sich selbst von bürokratischen Normen wenig schrecken. Gegen das von Marketing und Werbeindustrie ebenfalls weit und intensiv genutzte Licht eine andere Position, ein anderes Zeichen zu etablieren, sieht er als herausfordernde Aufgabe an, der er sich immer wieder stellt.
Darüber hinaus finanziert er große Teile seiner Projekte selbst – auch auf die Gefahr hin, dass er auf Kosten sitzen bleibt.

Wer erleben, will wie vielseitig Lichtkunst sein kann, nimmt sich das Buch zur Hand, taucht in die oft blaue Tiefsee der Hamburger Lichtgeschichte, liest die kundigen Texte und lässt sich auf all die fotografierten ästhetischen Reize der Hafenstadt ein – und kommt dem Künstler Michael Batz ein Stück näher.

Hamburg.Licht.Kunst – Der Lichtkünstler Michael Batz
Mit Texten von Matthias Gretzschel und Fotografien von Michael Zapf
Koehlers Verlagsgesellschaft Hamburg
171 Seiten, Hardcover
ISBN 978-3-7822-1229-8

YouTube-Video: Blue Port Hamburg 2014 von Michael Batz
Das von KulturPort.De
am 28.05.2011 auf der Barkasse Adele im Hamburger Hafen geführte WebTV-Interview mit Michael Batz
Moderation: Isabelle Hofmann.
Michael Batz schrieb das Buch für „Hiev Op!", einem Requiem für Krane. Mit den Kranen verschwand auch ein Stück Seele aus dem Hafen. Das Gastspiel des Theaters in der Speicherstadt, nach Musik von Markus Voigt, ist eine Hommage an die klassischen Hebezeuge der Stückgutzeit. Als Oratorium für Sprecher, Chor und Brass-Quartett lässt es die Zeit der klassischen Krane noch einmal aufleben. Michael Batz spricht über das Theater-, Musik- und Lichtprojekt und über seinen Werdegang.


Abbildungsnachweis:
Header: Michael Batz auf der Baustelle der Elbphilharmonie mit Blick auf den „Blue Port“. Foto: Michael Zapf.
Buchumschlag